ENFANT TERRIBLE

- Das Oberschwein -
ENFANT TERRIBLE
Kinostart: 1. Oktober 2020
Wilson Gonzales, Detlef Bothe, Jochen Schropp, Oliver Masucci, Hary Prinz, Ralf Richter




















Deutschland 2020
Genre: Biopic, Queer
Länge: rund 135 Min.
Regie: Oskar Roehler
Buch: Klaus Richter
Darsteller: Oliver Masucci, Hary Prinz, Katja Riemann, Frida-Lovisa Hamann, Eva Mattes, Erdal Yıldız, Isolde Barth, Jochen Schropp, Alexander Scheer, Michael Klammer, Lucas Gregorowicz, Anton Rattinger, André Hennicke, Désirée Nick, Sunnyi Melles, Felix Hellmann, Michael Ostrowski, Antoine Monot Jr., Meike Droste, Markus Hering, Detlef Bothe, Norbert Ghafouri, Simon Böer u.a.
Kamera: Carl-Friedrich Koschnick
Schnitt: Hansjörg Weißbrich
Musik: Martin Todsharow

Der deutsche Regisseur Rainer Werner Fassbinder (1945-1982) war vom Film besessen. Er wollte Bühne und Film schaffen ohne jeden Kompromiss: Regeln interessierten ihn einen Scheiß. Er war von Männern besessen. Wenn ihm einer gefiel, nahm er ihn sich einfach. Und warf ihn zu gegebener Zeit, wenn es ihn langweilte, einfach weg. Der Verschleiß an Kerlen war bemerkenswert hoch. Fassbinder war als Person überhaupt ganz und gar besessen. Im Leben wie vor und hinter der Kamera wurden seine engsten Verbündeten, Freunde, KünstlerInnen an den Rand getrieben, gequält, drangsaliert, vernachlässigt, beleidigt, geschlagen. Um arbeiten zu können, knallte er sich mit Koks und Alkohol zu. Einige wenige aus seiner Entourage blieben ihm bis zum Schluss treu: ein Wunder!
Mit seinen ersten Filmen, die man eher Rohbauten nennen kann, erntete er Spott. Später aber avancierte er, wir wissen es, zu einem der bekanntesten deutschen Regisseure der Filmgeschichte, zu jenen - wie er es auch beabsichtigt hatte - die man als Erstes nennt, wenn man von den Regisseuren spricht.
Jung starb er an einem Herzinfarkt. Fassbinder ist an sich selbst zugrunde gegangen - die Wunden, die er anderen zufügte, fügte er selbstverständlich vor allem sich selbst zu. Doch er gefiel sich in diesem Niedergang, er wünschte, er zelebrierte ihn - und so gleicht sein ganzes Leben einer abgründigen Inszenierung.

Enfant Terrible folgt exakt diesem Konzept. Die Bilder wirken low budget mit ihren grob gemalten Kulissen, oft stehen die Acteure da wie ausgestopft oder paralysiert darin - wie auf einer Bühne - und sondern - mal lustlos lakonisch, mal ausufernd melodramatisch - ihre Texte ab. Das qualitative Gefälle ist vergleichsweise groß, auch, was die Besetzung angeht. Oliver Masucci in der Hauptrolle brilliert ohne Frage preisverdächtig, quasi eins mit der Rolle, und André Hennicke hat selten eine Figur mit so viel Wahrheit und Transparenz durchdrungen. Der ganze Film gleicht unterm Strich einer Tortour; mit seiner Überlänge (die trägt, so man sich darauf einlässt), und den endlosen Querelen der Figuren unter- und miteinander fällt er mitnichten unter die Kategorie "leichte Kost". Vielleicht ist es auch eher ein Film für Schauspieler*, Theatergänger*, Cinéasten*, wer weiß.

Roehler haut uns mit der gewählten Erzählform das Leben des Provokateurs Fassbinder im Stil desselben regelrecht um die Ohren. Gegen Ende dachte ich: Hätte Fassbinder den Film sehen können, hätte er ihn als satte Watschen erlebt - und ihm genau darum applaudiert. Kein Film für ein breites Publikum, aber meine persönliche Empfehlung.
Oliver Masucci
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 cnm

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