BELFAST

BELFAST ★½☆☆
Filmstart: 24.02.2022 | FSK 12
Caitrione Balfe, Jude Hill | ⓒ 2021 Focus Features, LLC.


Großbritannien 2021
Genre: Drama
Länge: rund 100 Min.
Regie: Kenneth Branagh
Buch: Kenneth Branagh
Cast: Caitríona Balfe, Judi Dench, Jamie Dornan, Ciarán Hinds, Colin Morgan, Jude Hill, Lewis McAskie, Lara McDonnell
Kamera: Haris Zambarloukos
Schnitt: Úna Ní Dhongaíle
Musik: Van Morrison


Die irische Insel wurde 1921 geteilt; sechs Grafschaften  im Norden blieben Teil des Vereinten Königreichs. Der Rest wurde zur unabhängigen Republik Irland. - 1967 wuchsen die Unruhen wegen Ungleichbehandlung der katholischen Minderheit z.B. in Sachen Wohnungsmarkt oder Arbeitsplätzen. Als 1969 die Gewalt losbricht, Männer durch die Straßen stürmen, Scheiben einwerfen, Läden plündern und Autos anzünden, Menschen angreifen und eine Atmosphäre von Angst schüren, ist Buddy (fiktionale Figur, alter ego von Kenneth Branagh) gerade mal zehn Jahre alt und kannte bis dato nur ein behütetes, fröhliches Leben mit seinen Eltern, seinem Bruder und den Großeltern. Abrupt ändert sich sein Lebensumfeld in einen abgeriegeltes Areal voller Bedrohlichkeit. Regisseur Branagh schildert in seinem autobiographisch angelegten Film, wie es war, trotz der damaligen angespannten Verhältnisse weiter zu machen, nach Mädchen zu schielen, den Humor zu behalten und den eigenen Weg ins Leben zu finden - nicht zuletzt mit Hilfe seiner Liebe zu den Geschichten, die er im Fernsehen und auf Kinoleinwänden erlebte.

Es ist nicht zu übersehen, dass Branagh viel Liebe in jedes Detail dieser Produktion gesteckt hat, brauchte er doch Jahrzehnte, um den richtigen Ton für sein Herzensprojekt zu finden. Schöner Kunstgriff: der Film ist fast komplett in ästhetischen schwarzweiß-Bildern gedreht, nur einige wenige Momente - nämlich das heutige Belfast und Filmszenen auf der Kinoleinwand - sind leuchtend farbig. In diesen Geschichten (Western, Raumschiff Enterprise & Co) findet der Junge mehr Lebendigkeit und Möglichkeiten zur Flucht aus den Alltagssorgen als irgendwo sonst, auch wenn er sich bei der liebevollen Familie bestens aufgehoben fühlen dürfte.

Bei aller guten Absicht des Regisseurs stimmt für mich der gewählte Ton dieser Inszenierung nicht so ganz. Allzu sehr spüre ich in vielen Szenen eine Regie, die wahlweise psychologisch zu plakativ bzw. vordergründig vorgeht oder allzu fixiert auf bestimmte Effekte ist, insbesondere bei aufwändig choreographierten Plansequenzen. Es leidet die Lässigkeit, es leidet die Natürlichkeit, es leidet der Spannungsbogen. 
 
Der Schmerz, die Angst, die Not, der Streit... das alles wirkt ein wenig behauptet, bleibt an der Oberfläche, greift nicht nach mir. Was auch daran liegen mag, dass kaum ein Aspekt der Story detaillierter erzählt wird, nur angedeutet bleibt. Positive Einzelleistungen wie das Spiel von Judi Dench (still, präzis, uneitel) und Ciaran Hinds als Opa sowie die immer stimmige Musik von Van Morrison verbessern den Gesamteindruck. - Ich möchte betonen, dass über diesen Film viel gutes zu hören und zu lesen ist, ich also wahrscheinlich bei der Sichtung die falsche Brille aufhatte.

Belfast ist wohl einer der persönlichsten Filme von Kenneth Branagh, der mit Liebe zum Detail und mit einem Quäntchen Humor gebaut wurde, der eine "schöne" Atmosphäre schafft und dem ein großes, begeistertes Publikum nur zu wünschen ist.

cnm

Der Film erhielt einen Oscar für das beste Drehbuch

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