DAS MÄDCHEN MIT DEN GOLDENEN HÄNDEN

DAS MÄDCHEN MIT DEN GOLDENEN HÄNDEN
Kinostart: 17.02.2022 | FSK 12
Corinna Harfouch | Wild Bunch Germany 2021



Deutschland 2021
Genre: Drama, Ballade
Länge: gut 105 Min.
Regie: Katharina Marie Schubert
Buch: Katharina Marie Schubert
Darsteller: Corinna Harfouch, Birte Schnöink, Peter René Lüdicke, Jörg Schüttauf, Gabriela Maria Schmeide, Ulrike Krumbiegel, Stephan Bissmeier, Imogen Kogge u.a.
Kamera: Barba Bălășoiu
Schnitt: Anja Pohl
Musik: Marvin Miller

Ein kleines Dorf in Ostdeutschland im Jahr 1999. Im Radio spricht man über den Jahrtausendwechsel, während Gudrun die Räume eines von den Jahren mitgenommenen Kinderheims inspiziert. Sie schaut nach der Elektrik, nach der Tischordnung... hier soll die Feier zu ihrem 60. Geburtstag stattfinden, hier, wo sie als Kind elternlos untergekommen und aufgewachsen ist. Der Ort wirkt wie tot, und er atmet Geschichte. Im Laufe des Films werden sich alle möglichen Personen um Gudrun scharen: Gudruns Partner, Gudruns Tochter, Gudruns Ex-Mann und viele alte Freundinnen und Freunde aus ihrem Leben. Das alles ist für sie eher Pflicht als Freude; sie mag keinen Wirbel um die eigene Person. Umso mehr dirigiert sie die Situation: wer kümmert sich um was, wie lautet die vorzutragende Ansprache der Tochter... - und jede echte Überraschung, das spürt man, ist ihr unangenehm. Dann der Schock: während der Feierlichkeit erfährt sie, dass dieses Gebäude bzw. Grundstück verkauft werden sollen zu Gunsten eines Hotelbaus.

Alles in diesem Film wirkt still und gedeckt: die Farben, das Tempo, die Emotionen. Die Regisseurin erzählt analog zu den Brüchen innerhalb Deutschlands seit 1989 von den Brüchen innerhalb der Familien, Freund- und Bekanntschaften eines exemplarischen Mikrokosmos'. Dabei gelingt ihr das Kunststück, subtilen Humor und Tragik aufs Eleganteste zu verbinden. Selbst die Nebenfiguren (wunderbar: Gabriela Maria Schmeide) sind differenziert gezeichnet; jede Perspektive nachvollziehbar, sei es die konservative oder die, die Veränderung wünscht. Für mich war der interessanteste Aspekt der Erzählung die verzweifelte Gudrun, eine Frau, die nicht sehen will oder kann, dass es um sie herum viele liebende Menschen gibt, auf die sie sich verlassen kann: die viel zu früh entwurzelt wurde und bis zu ihrem Zusammenbruch der Überzeugung ist, sie müsse alle Fäden in der Hand halten, weil sie sonst allen Halt verlöre.

Stilles Drama mit leisem Humor über Kontrollverlust und die Frage nach gesellschaftlichem Zusammenhalt in den Nachwende-Jahren, das erfreulicherweise ohne Schwarzweißmalerei auskommt. Selbstverständlich bis heute aktuell. Sehenswert.

cnm

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