DIE ERMITTLUNG
DIE ERMITTLUNG ★★★★★★
ORATORIUM IN ELF GESÄNGEN
ORATORIUM IN ELF GESÄNGEN
Filmstart: 25.07.2024 | FSK 12
Deutschland 2023
Länge: 240 Min. (langer Film)
Regie: Rolf Peter Kahl
Buch: Peter Weiss
Casting: Marc Schötteldreier
Buch: Peter Weiss
Casting: Marc Schötteldreier
Cast: Rainer Bock, Clemens Schick, Bernhard Schütz, Christian Kaiser, Dirk Ossig, Arno Frisch, Elisabeth Duda, Nicolette Krebitz, Attila Borlan, Robert Mika, Marcel Hensema, Marc Fischer, Thomas Meinhardt, Axel Pape, Torsten Ranft, Nico Ehrenteit, Marek Harloff, Timo Jacobs, Christian Hockenbrink, Frank Röth, Eva Maria Jost, Adam Venhaus, Peter Schneider, Niels-Bruno Schmidt, Thomas Dehler, Jirí Mádl, Andreas Anke, Tristan Seith, Klaudiusz Kaufmann u.a.
Kamera: Guido Frenzel
Schnitt: Anne Fabini, Christoph Strothjohann, Peter R. Adam
Kamera: Guido Frenzel
Schnitt: Anne Fabini, Christoph Strothjohann, Peter R. Adam
Im Zentrum des Films stehen ein Richter, ein Verteidiger und ein Ankläger, die im Rahmen der Verhandlung auf Zeuginnen und Zeugen treffen, welche von persönlichen Erlebnissen und Beobachtungen im Konzentrationslager Auschwitz berichten. Die Angeklagten werden während des Prozesses mit Schilderungen der Zeugen konfrontiert und sollen Stellung beziehen. Streng in elf Kapitel (oder "Gesänge") eingeteilt, werden die unterschiedlichen Aspekte von Tathergängen und Verantwortlichkeiten angegangen.
Nach dem Theaterstück "Die Ermittlung" von Peter Weiss, das 1965 uraufgeführt wurde. Es basiert auf persönlichen Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln und Protokollen des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses (1963 bis 1965). Der Autor selbst hatte an den Prozessen teilgenommen.
Die Aussagen der Angeklagten und Ankläger werden vor einer bewusst spartanischen Theaterkulisse gesprochen - von manchen Schauspielenden mehr, von anderen weniger naturalistisch. Der Effekt: wir können uns zur Gänze auf das gesprochene Wort und die sprechende Person konzentrieren. ClemensSchick, Rainer Bock und andere mehr leisten hier herausragende Arbeit.
Mir ging es so: die Schilderungen der Hergänge sind derart detailliert und grauenvoll, dass mein vegetatives Nervensystem reflexartig auf eine Art Taubheitszustand wechselte, um die Bilder, die im Kopf entstehen, aushalten zu können. Doch diese Bilder werden immer bleiben. Demgegenüber erzeugt die Selbstverständlichkeit, mit der die Täterindividuen geschlossen und selbstgefällig das Lied singen: "Davon weiß ich nichts, daran kann ich mich nicht erinnern, ich habe nur Befehle ausgeführt, das kann ich nicht gewesen sein", eine Art entsetzter Fassungslosigkeit und Wut. Vor dem Besuch des Films hatte ich gewisse Bedenken der Überlänge wegen; diese ist aber tatsächlich nicht zu merken, weil man gebannt zuhört.
Im Laufe der kommenden Jahre und Jahrzehnte, wenn die letzten Zeitzeugen gestorben sein werden, wird dieser Film an Bedeutung gewinnen und ein wichtiger Teil der Erinnerungskultur sein. Gerade jetzt tut es "gut" und ist im Grunde fast schon Pflicht, sich anhand dieser minutiösen Beschreibungen dessen, was der so genannte Mensch zu verbrechen im Stande ist, zu orientieren. Denn Die Ermittlung ist hinsichtlich der braunen Scheiße, die derzeit auf uns alle zurollt, erschreckend aktuell und eine laute Aufforderung zur Selbstprüfung.
cnm
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