OF FATHERS AND SONS - DIE KINDER DES KALIFATS

OF FATHERS AND SONS - DIE KINDER DES KALIFATS ★★★★★★

Originaltitel: Of Fathers And Sons

Deutschland, Syrien, Libanon 2018
Genre: Dokumentation
Länge: knapp 130 Min.

von: Talal Derki

mit: einem Clanchef, seiner Familie und dem Umfeld im Nordwesten Syriens
Kamera: Kathan Hasson
Schnitt: Anne Fabini
Ton-Design: Sebastian Tesch, Florian Beck
Musik: Karim Sebastian Elias

Der mit seiner Familie in Berlin lebende Talal Derki verabschiedet sich bangen Herzens von seinen Lieben und zieht mit seinem Kameramann für rund zwei Jahre in den salafistischen Nordwesten Syriens, in seine alte Heimat. Hier gibt er vor, Sympathisant der Salafisten zu sein und gewinnt so das Vertrauen eines radikal islamistischen Clan-Chefs und dessen Familie. Über hunderte von Tagen lebt er mit ihnen, begleitet und dokumentiert den dortigen Alltag, den Sprachgebrauch, die Erziehungsmethoden, das Weltbild.

Zentral geht es in dieser Dokumentation um die beiden Söhne (12 und 13 Jahre alt), die bereits konsequent indoktriniert werden, zunächst fast spielerisch und wie nebenbei, später abstrafend und mit radikalen Maßnahmen. Religion ummantelt hier alles, das Töten und das Den-Tod-Nicht-Fürchten werden zur Selbstverständlichkeit, und alle Indoktrination ist an die wärmende Liebe des Vaters gebunden. Die Frauen haben am Rande zu stehen und zu dienen (hier: jenseits des Bildrandes, man sieht sie nicht!). In kürzester Zeit werden aus den Kindern Soldaten.

Dem Dokumentaristen gebührt größte Ehrfurcht, Achtung, Anerkennung und Respekt für diese Arbeit. Die Dreharbeiten müssen permanenten Stress bedeutet haben, und wir können so aus nächster Nähe erleben, wie erbarmungslos das System funktioniert.
Dass die Musik in ihrer schwebenden Subtilität sowohl Mystik als auch Grauen zulässt, dass es praktisch keinen Off-Kommentar gibt, scheint mir persönlich die richtige Entscheidung zu sein, denn mancher Alptraum kann nicht überhöht und auch nicht weiter erklärt werden. Das Abartige liegt hier in der gelassenen Selbstverständlichkeit des Geschehens.

Sehenswert, unterrichtsrelevant.

cnm