DER UNSICHTBARE

- Nach der Angst ist vor der Angst - 
DER UNSICHTBARE
Originaltitel: The Invisible Man
Elisabeth Moss
USA 2020
Genre: Horror, Remake
Länge: 125 Min.
Regie: Leigh Whannell
Buch: Leigh Whannell
basierend auf: H.G. Wells 
Darsteller: Elisabeth Moss, Oliver Jackson-Cohen, Harriet Dyer, Aldis Hodge u.a.
Kamera: Stefan Duscio
Schnitt: Andy Canny
Musik: Benjamin Wallfisch

Sollten Cecilia und Adrian mal ein Traumpaar gewesen sein, so ist das längst Geschichte. Denn seine Vorstellung von Partnerschaft ist abartig krank: er kontrolliert seine Freundin in Taten, Worten und Gedanken, steuert und korrigiert sie (man würde einen Gottkomplex diagnostizieren), und letztlich sperrt er sie in dem hochmodernen Appartment ein, sodass für sie eine Flucht aus diesem Gefängnis letztlich der einzige Weg ist, wenn sie sich wieder frei und gut fühlen will. Die Flucht gelingt, sie kommt bei der Familie ihrer Schwester unter, und bald darauf begeht ihr besessener Freund Selbstmord. Sie erbt eine große Geldsumme.
Als bald danach schreckliche und unerklärliche Dinge geschehen, ist Cecilias' Verdacht, dass der angeblich verstorbene Wissenschaftler einen Weg gefunden haben muss, den Suizid vorzutäuschen und sie von nun an im Wortsinn unsichtbar zu stalken und ihr zu schaden. Wir Zuschauer*innen werden natürlich Zeugen, dass es einen Unsichtbaren gibt, aber das Umfeld Cecilias' hält sie für verrückt: ein doppelter Alptraum - wieder steht sie allein und isoliert da.

Viele Horrorfilme der letzten Zeit folgen ähnlichen Strickmustern, um dem Publikum das Fürchten anzubieten. Diese Muster sind inzwischen recht abgenutzt und durchschaubar: kurze Schreckmomente und Bildverfremdungen sollen unsere etwaige Lust auf Angst befriedigen (siehe z.B. The Grudge); da rutscht die Story gern mal ins Beliebige ab.
Nicht so hier! Auch wenn der Stoff alt und schon mehrfach verfilmt worden ist, tut es doch gut zu erleben, dass ein Film endlich mal wieder auf Suggestion baut, auf die Bilder, die in den Köpfen entstehen können, während auf der Leinwand nicht viel Schreckliches zu sehen ist, und - nicht zuletzt - auf das Spiel seines Ensembles. Elisabeth Moss stellt diese Angstbelastung hervorragend dar! Und es ist verblüffend, wie sehr ein Schwenk in den leeren Raum Hochspannung erzeugen kann. So ist dann auch die eigentliche Stärke des Films nicht so sehr seine (wenn auch gut erdachte) Auflösung gegen Ende, sondern vielmehr die Hauptstrecke, über die konstant Spannung und Bedrohung erzeugt wird.

Ein Wort zur Musik: Wallfisch hat eine höchst effektive Mischung aus klassisch konventionellem StreicherScore und industrieartig verzerrter Lärmkulisse komponiert, ähnlich den imposanten Tracks von Batman: The Dark Knight von Hans Zimmer, 2008. Damit wird der Score zu einer der wichtigen Säulen von Der Unsichtbare.

Gelungenes Remake eines Horror-Klassikers, der sich erfreulicherweise dem Billig-Schock-Trend entgegenstellt und über Suggestion eine viel größere Furcht zu erzeugen vermag. Empfehlung.

cnm

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