LEBE ZWEIMAL, LIEBE EINMAL

Kritik im Rahmen der Corona-Krise: ältere Filme, die man ggf. leihen oder online streamen oder aus dem Regal nehmen und zuhause schauen kann.
 
- Bis in die Unendlichkeit -
LEBE ZWEIMAL, LIEBE EINMAL
Originaltitel: Vivir dos Veces
Oscar Martinez, Mafalda Carbonell
Spanien 2019
Genre: Drama, Komödie, Feel-Good
Länge: rund 100 Min.
Regie: Maria Ripoll
Buch: María Mínguez
Darsteller: Oscar Martinez, Imma Cuesta, Nacho López, Mafalda Carbonell u.a.
Kamera: Núria Roldos
Schnitt: Nacho Ruiz Capillas
Musik: Arnau Bataller

Emilio, berenteter Professor für Mathematik, hat Probleme, sein Sudoku zu lösen. Ein Arztbesuch besätigt den Verdacht: Diagnose Alzheimer - im Frühstadium. Während der Auseinandersetzung mit den bevorstehenden Problemen und Hürden stellt sich heraus, dass Emilio einen heimlichen Wunsch hegt, nämlich die Liebe seines Lebens noch einmal zu treffen - und das ist nicht seine (bereits verstorbene) Frau, sondern eine, an die er als junger Mann für immer sein Herz verloren hat. Zusammen mit seiner rotzfrechen Enkelin Bianca macht er sich spontan auf den Weg, diese aufzuspüren.

Wie oft wurde das Thema Alzheimer in der jüngsten Zeit nicht schon im Kino verhandelt? Augenscheinlich sind die möglichen Parameter allesamt ähnlich bis identisch: die Frage des Umgangs der Betroffenen, die Leugnung der Krankheit, auch durch die nahen Verwandten, die offene und ungehemmte Reaktion von Kindern auf die sich einstellenden Veränderungen, die Frage, was bei fortschreitendem Krankheitsverlauf noch möglich ist. Weiter entscheidend: wird Humor bemüht, und wenn ja, welcher? Wieviel Respekt wird den Figuren/dem Ernst der Krankheit gezollt, wie glaubhaft ist das psychologische Konstrukt, wie spannend der Aufbau der Erzählung?

In all diesen Kategorien schneidet Lebe einmal, Liebe zweimal meines Ermessens am besten ab!
Von der ersten bis zur letzten Einstellung ist der Film originell und ökonomisch erzählt (es kommt keine Langeweile auf!). Die Fotografie ist spitze, der Score tragend (wenn er sich auch nicht sonderlich hervortut), und - das ist am wichtigsten - die Figuren allesamt glaubhaft und vieldimensional, mit Ecken und Kanten, mit Würde und Lebendigkeit. Auch der Erkrankte wird nie zu Gunsten einer Plattitüde oder eines unnötigen Klamauks verkauft, im Gegenteil, er bleibt so lange es eben geht autark.  Im Zentrum der Handlung stehen eindeutig Opa und Enkelin, die sich kontinuierlich Wortgefechte liefern, welche gepfefferter nicht sein könnten und nie papiern wirken.

Hier hat ein souveränes Team einen souveränen Film zu einem schwierigen Thema gezaubert, einen, der sich durch Klarheit, komplexe Figuren und einen wohltuend intelligenten Humor hervorhebt. Absolute Empfehlung!

cnm

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