PELIKANBLUT - AUS LIEBE ZU MEINER TOCHTER

- Definiere: böse -
PELIKANBLUT - AUS LIEBE ZU MEINER TOCHTER
Kinostart: 24. September 2020
Nina Hoss, Katerina Lipovska





















Deutschland, Bulgarien 2019
Genre: Drama
Länge: knapp 130 Min.
Regie: Katrin Gebbe
Buch: Katrin Gebbe
Darsteller: Nina Hoss, Adelia-Constance Ocleppo, Katerina Lipovska, Yana Marinova, Sophie Pfennigstorf u.a.
Kamera: Moritz Schultheiss
Schnitt: Heike Gnida
Musik: Johannes Lehniger

Autarker als Wiebke könnte man kaum leben: sie betreibt einen Reiterhof, auf dem sie mit der Polizei Pferde für Demo-Einsätze und Stresssituationen hin trainiert. Dort lebt sie auch mit ihrer Adoptivtochter Nikolina ein scheint's erfülltes Leben. Da sie noch Kapazitäten hat, soll eine weitere Adoptivtochter hinzukommen. Nikolina ist damit einverstanden, freut sich auf die neue Wahlverwandte. Nach langem Warten ist es endlich soweit: Wiebke holt die 5jährige Raya in Bulgarien ab. Die Kleine scheint ein liebes Engelchen zu sein, aber kaum zuhause angekommen, fällt die Maske - zunächst ist sie in sich gekehrt, später aggressiv weit über jede Schmerzgrenze hinaus. Raya schreit, sie wird verbal und tätlich grausam. Das geht bald soweit, dass die anderen Kinder in der KiTa das Mädchen fürchten und meiden.
Wiebke holt sich professionellen Rat ein, um das Mädchen besser verstehen und seinen speziellen Bedürfnissen besser entgegen kommen zu können, damit es langfristig Teil der Wahlfamilie bleibt. Ihre Methoden werden dabei immer schräger und für Außenstehende befremdlicher, sodass sie Gefahr läuft, sich beruflich und persönlich zu isolieren...

Pelikanblut ist ein weiterer, sehr interessanter Beitrag zum Thema der so genannten Systemsprenger. Man möchte sich ungern vorstellen, dass es solche Problemsituationen tatsächlich gibt, aber es gibt sie. Der Ansatz, den die Filmcrew hier verfolgt, ist denkbar mutig: die Adoptivmutter will auf keinen Fall aufgeben, auch wenn ihr dazu dringend geraten wird, und sie lässt sich immer neue und höchst kreative Methoden einfallen. Ihre Absichten sind dem Publikum klar, aber es ist genauso klar, dass sie auf das Umfeld wie eine Verrückte wirken muss. Damit schlängelt sich der Film durch überraschend viele Genres bis hin zum Horror bzw. Mystery, und wird also in jedem Fall das Publikum spalten.
Meine persönliche Einschätzung: die Geschichte ist zwingend erzählt, man kann sich ihr nicht entziehen, da die Figuren so verdammt echt und leidenschaftlich gespielt sind - hier spürt man das Anliegen der Macherinnen, ein Plädoyer, einen Aufruf, etwas Unbedingtes. Damit bildet Pelikanblut für mich eine denkbar geeignete Ergänzung zum inhaltlichen Vorgänger Systemsprenger und sei somit allen empfohlen, die sich mit dem Thema näher befassen möchten.

Erschütternd konsequentes, formale Grenzen sprengendes Drama zum Thema schwerst erziehbarer Kinder, das mutig und mitreißend erzählt und garantiert niemanden kalt lassen wird. Absolut sehenswert.

cnm
 
Systemsprenger (2019) wurde auch in meinem Blog besprochen.

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