DER GEBURTSTAG

- Elefanten warten -
DER GEBURTSTAG
Martin Waschke, Finnlay Berger

Deutschland 2019
Genre: ArtHaus
Länge: rund 80 Min.
Regie: Carlos Andrés Morelli
Buch: Carlos Andrés Morelli
Darsteller: Mark Waschke, Anne Ratte-Polle, Kasimir Brause, Finnlay Berger u.a.
Kamera: Friede Clausz
Schnitt: Hannah Schwegel, Lorna Hoefler-Steffen
Musik: Florian Sievers

Lukas (6) steht auf Elefanten, davon erzählt schon die Einrichtung seines Kinderzimmers. Der örtliche Zoo hat just ein Elefantenbaby als Hauptattraktion, das sollte natürlich schnellstmöglich bestaunt werden. An Lukas' Geburtstag ist für sowas jedoch keine Zeit; zu viele Kinder sind zur Party eingeladen, und die geschiedenen Eltern sind im Dauerstress bzw. -streit, außerdem spielt das Wetter so gar nicht mit. Nach Ende des Kindergeburtstags bleibt eigenartigerweise ein Junge namens Julius zurück, dessen Mutter nicht auftaucht und auch nicht erreichbar ist. Lukas' Vater macht sich mit dem kleinen Gast auf in die Nacht, um ihn nach Hause zu bringen, derweil er selbst eigentlich bei der Theaterpremiere seiner neuen Lebenspartnerin erwartet wird. Es kommt zu Verstrickungen.

Hoch sind die Erwartungen bei einem in schwarz-weiß gedrehten Film, der mit deutscher Prominenz besetzt ist, zumal man nach dem monatelangen Verzicht auf die große Leinwand nach echten Entdeckungen regelrecht schmachtet.
Ästhetisch ist der Film dann auch hochkarätig: besser als die Kamerafrau Clausz kann in schwarzweiß nicht fotografiert werden, das ist brillant und gehört auf großer Leinwand gesehen.
Gestützt wird dieser Eindruck von weitgehend stilsicherer jazziger Melancholie, so dass man sekundenweise gar an große Klassiker der Filmgeschichte denken möchte.

Doch da war doch noch was, richtig, der Inhalt, die Dramaturgie!
Beides mäandert wie unkontrolliert in verschiedenste Richtungen, auch atmosphärisch (Ehedrama, Eifersuchtsdrama, elterliche Überforderung, kindliche Einsamkeit, neue Freundschaften, zuweilen geht's sogar in Richtung surrealer (Alb)Traum à la Kafka...um kurz darauf wieder allzu naiv zu werden), manche Aspekte werden nur sträflich gestreift (die neue Freundin und ihr Theaterstück zum Beispiel hätte man wunderbar weglassen können), manche kommen ziemlich unmotiviert daher (warum muss Herr Waschke sich ausziehen, nur weil er einen Kratzer an der Hand hat - um dann minutenlang oben ohne durchs Bild zu laufen?) - und letztlich bleibt völlig unklar, was hier eigentlich zentral erzählt werden soll.

Aber das größte Versäumnis bleiben Dialogbuch und Inszenierung. Die Worte und Handlungen beinahe aller Figuren sind in sich kein bisschen schlüssig, werden von Szene zu Szene aufgebrochen oder gar verraten, und das hervorragende Ensemble (dem nichts vorzuwerfen ist) kann sich noch so ins Zeug legen, es ändert nichts daran, dass die Gesamtkonstruktion als Konstrukt ständig spürbar ist - auf eine anstrengende Weise, die den Zugang zur Geschichte verwehrt. Mir scheint, dass die Regie zu viel am Spiel des Ensembles zum Schlechteren korrigiert hat und zu wenig Raum für schauspielerische Intuition ließ.

Der Film darf meines Erachtens als eine Art cinéastischer Fingerübung gesehen werden, die rein optisch echte Schauwerte zu bieten hat, darüberhinaus aber schmerzlich an Substanz vermissen lässt.

cnm

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