GRETEL & HÄNSEL
- Dreh' dich um! -
GRETEL & HÄNSEL ★★★★★★
Originaltitel: Gretel & Hansel | Start: 09.07.2020 | FSK 16
Genre: Märchen, Horror
Länge: knapp 90 Min.
Länge: knapp 90 Min.
Regie: Osgood (Oz) Perkins
Buch: Rob Hayes
Buch: Rob Hayes
Darsteller: Sophia Lillis, Samuel J. Leakey, Alice Krige, Charles Babalola, Jessica de Gouw u.a.
Kamera: Galo Olivares
Schnitt: Josh Ethier
Musik: Robin Coudert
Kamera: Galo Olivares
Schnitt: Josh Ethier
Musik: Robin Coudert
Das Märchen ist bekannt. Gretel und ihr kleiner Bruder Hänsel versuchen, im Wald zu überleben. Die Mutter hat die beiden fortgeschickt, gab es doch keine Lebensgrundlage mehr. Bei der Hexe namens Holda kommen sie unter, erhalten Beschäftigung, der Aufenthalt verspricht einiges an Bequemlichkeit. Doch die Pläne der seltsam freudlichen Frau sind eher eigennützig.
Dies ist - Überraschung! - kein Film für Kinder. Aber ebensowenig ist es ein Film für Freunde von Splatter und Gemetzel. Gretel & Hänsel ist eine Neuaufnahme des Stoffes mit Mitteln, die zugleich eine etwaige Lust am Grusel befriedigen und einem künstlerisch hohen Anspruch gerecht werden.
Der Erzählfluss dieses Gruselmärchens ist ausgesprochen ruhig, eine synthetisch wabernde Musik verstärkt diesen Eindruck noch. Eine Kamera, die oft über ein extremes Weitwinkelobjektiv geht sowie eine künstlich erzeugte Unschärfe am gesamten Bildrand erwecken zuweilen den Eindruck, als linsten wir durch einen "Gucki", das alte Kinderspielzeug in Form eines Mini-Plastikfernsehers. Licht wurde akzentuiert und sparsam eingesetzt, dabei gibt es kaum ein Bild ohne ein dramatisches Zusammenwirken von warmem und kaltem (sprich: krasses blau neben krassem rot-orange). All diese Künstlichkeit kann deswegen so gut funktionieren, weil das Spiel der Figuren (trotz eines Sprachduktus', der an Shakespeare denken lässt - zumindest im Original) sehr natürlich wirkt, so man bei einer Hexe überhaupt von natürlich sprechen kann... Außerdem gibt es Special Effects, aber die sind sparsam und immer passend platziert und stehen nie im Vordergrund bzw. geraten nie zum Selbstzweck.
Interessante Neuerungen sind auch die psychologischen Aspekte: wir erfahren etwas über Holdas Kindheit (was sie kein Stück sympathischer macht) und über den verzwickten Widerstreit zwischen einem dunklem Verdacht der Kinder gegenüber ihrer Gastgeberin einerseits und den verführerischen Annehmlichkeiten vor Ort andererseits. Wie menschlich, allzumenschlich! Eine weitere unerwartete Wendung möchte ich hier nichtmal andeutungsweise preisgeben, das wäre zu schade.
Gretel & Hänsel wird wohl die Geister scheiden. Die vielen stilistischen Anlehnungen an Kubrick, die Verwandtschaft zu The Witch (USA, Kanada 2016), die an Blair Witch Project (USA, 1999) erinnernden Motive können je nach gusto Vergnügen bereiten oder nerven. Für mich ist diese Arbeit eines der seltenen Genre-Highlights, eine wohlige Lust am Abgründigen, an der Dunkelheit - womit der Film allen Grusel-Affinen empfohlen sei.
cnm

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