AUF DER COUCH IN TUNIS

- Eine Frage des Comforts -
AUF DER COUCH IN TUNIS
Originaltitel: Un Divan à Tunis | Kinostart: 30. Juli 2020
Golshifteh Farahani, Hichem Yakoubi

 
Frankreich 2019
Genre: Komödie, nach wahren Ereignissen
Länge: 90 Min.
Regie: Manele Labidi
Buch: Manele Labidi
Darsteller: Golshifteh Farahani, Majd Mastoura, Aicha Ben Miled, Feriel Chammari, Hichem Yacoubi, Najoua Zouhair, Jamel Sassi u.a.
Kamera: Laurent Brunet
Schnitt: Yorgos Lamprinos
Musik: Flemming Nordkrog

Nach dem Sturz des Diktators Ben Ali kehrt Selma aus Frankreich in ihr Heimatland Tunesien zurück und eröffnet dort eine Praxis für Psychotherapie. Selbstbewusst und aus Mangel an Alternativen richtet sie sich mit dem Nötigsten - Couch und Sessel, Notizblock und Stift - auf dem Dach eines Wohnhauses ein. Sie muss nicht lange werben - bald schon stehen die Leute aus der Nachbarschaft Schlange, um Selma ihre persönlichen Probleme anzuvertrauen. Leider hat sie noch nicht alle nötigen Unterlagen für ihre Zulassung zusammen, und ein örtlicher Verwaltungsbeamte setzt sie unter Druck. Ebenjener steht allerdings auch auf sie und steht darum alle Nase lang mit irgendeinem Vorwand vor ihrer Tür, und so entsteht ein ambivalentes Verhältnis zwischen den beiden.

Der Katalog der Persönlichkeiten, die bei der Hauptfigur Hilfe suchen, ist derart bunt und schräg, dass Auf der Couch... ein großartiger, tiefgreifender Film hätte werden können. Immerhin werden die Themen Depression, die Unmöglichkeit homosexueller Identität, Korruption usw. angesprochen. Aber diese Chance wird weitgehend verschenkt. Selma wandelt mit einem derart farblosen Stoizismus durch die Geschichte (problembewusst + bedrückt + genervt), dass einem recht bald fad wird. Sämtliche kleinen Randgeschichten werden nicht verflochten, gehen nicht in die Tiefe, werden nicht wirklich aufgelöst, sodass deren Funktion letztlich dem Wurf einer Handvoll Konfetti gleichen: nett, aber allzu schnell verpufft. Folglich kratzt es einen am Ende auch nicht mehr wirklich, ob sie nun ihren Plan umsetzen darf oder nicht, oder ob sich romantische Optionen auftun oder nicht. Selten habe ich so bedauert, dass eine so ungewöhnlich vielversprechende Ausgangssituation derart unglamourös ausgehungert wurde.

Was anfänglich wirkt wie eine vergnügliche Gesellschaftssatire, verebbt in ein ziemlich richtungsloses Geplänkel ohne Kanten und Tiefe. Das kann man sich natürlich ansehen, aber man wird es auch schnell wieder vergessen.

cnm

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