PERSISCHSTUNDEN
- Vertraute Feinde -
PERSISCHSTUNDEN ★★★★★★
Originaltitel: Persian Lessons | Kinostart: 24. September 2020
Genre: Drama, nach wahren Begebenheiten
Länge: gut 120 Min.
Regie: Vadim Perelman
Buch: Ilja Zofin
Buch: Ilja Zofin
basierend auf: Wolfgang Kohlhaase
Darsteller: Nahuel Perez Biscayart, Lars Eidinger, Jonas Nay, Leonie Benesch, Alexander Beyer, Luisa-Céline Gaffron, David Schütter, Peter Beck u.a.
Kamera: Vladislav Opelyants
Schnitt: Vessela Martschewski, Thibault Hague
Musik: Evgueni Galperine
Was macht einen Holocaust-Film so schwierig? Es sind verschiedene Aspekte wie die Fragen: kann er eine neue Facette zeigen, kann er überraschen und so unser Interesse wecken? Kann er junge Generationen ansprechen und sie für das Thema sensibilisieren? Kann er unendliches Leid abbilden, findet er das richtige Maß zwischen Unter- und Überforderung, zwischen Leichtigkeit und Ernst, Bagatellisierung und bleierner Schwere? Die Antwort in diesem Fall lautet: ja, unbedingt!
Kamera: Vladislav Opelyants
Schnitt: Vessela Martschewski, Thibault Hague
Musik: Evgueni Galperine
Frankreich, 1942. Gilles sieht den Gewehren deutscher Soldaten in den Lauf, es ist der Moment seiner Erschießung - da ruft er, er sei kein Jude, sondern Perser. Ein Buch, das er unter dem Arm trägt und welches er wenige Momente zuvor gegen ein Stück Brot getauscht hat, rettet ihm vorerst das Leben. Man führt den jungen Mann zum Lagerkommandanten Koch. Der hat Interesse an Sprachunterricht und protegiert den neuen KZ-Insassen. Koch plant, nach Kriegsende in Teheran mit seinem Bruder, so sagt er, ein Restaurant zu eröffnen. Der deal ist, dass Gilles Koch täglich einige persische Wörter lehrt und dafür privilegiert in der Küche arbeitet, gelegentlich sogar besseres Essen erhält. Nun muss sich der Lügner fremd klingende Wörter ausdenken, diese selbst behalten und vermitteln; eine Stresssituation, in der ein Pokerface lebensentscheidend ist, zumal der Kommandant mehr als nur Sympathien für den Häftling entwickelt.
Was macht einen Holocaust-Film so schwierig? Es sind verschiedene Aspekte wie die Fragen: kann er eine neue Facette zeigen, kann er überraschen und so unser Interesse wecken? Kann er junge Generationen ansprechen und sie für das Thema sensibilisieren? Kann er unendliches Leid abbilden, findet er das richtige Maß zwischen Unter- und Überforderung, zwischen Leichtigkeit und Ernst, Bagatellisierung und bleierner Schwere? Die Antwort in diesem Fall lautet: ja, unbedingt!
Denn Persischstunden ist, so seltsam das klingen mag, ein Unterhaltungsfilm. Und das ist wichtig! Die Fotografie ist makellos, die Musik könnte kaum subtiler, dabei wirkungsvoller sein, die Dialoge knackig geschrieben und das Schauspiel der Hauptfiguren grandios! Lars Eidinger oszilliert eindringlich zwischen Despot und armer Wurst, Nahuel Perez Biscayart stellt eine Zerbrechlichkeit her, der man sich nicht entziehen kann, und meine persönliche Überraschung ist die Wiederentdeckung von Leonie Benesch, die ich noch aus Das Weiße Band als begnadet in Erinnerung hatte, und die eine so nuancierte Performance hinlegt, dass man große Lust auf viele weitere Filme mit ihr bekommt.
Erzählton und Dramaturgie wurden hier durchweg optimal ausgelotet; mir ging es so, dass ich praktisch den gesamten Film hindurch unter Hochspannung stand, obwohl sich die Geschichte erstaunlich ruhig abspielt. - Das Schicksal von Abermillionen, illustriert an einem Einzelschicksal... natürlich ist das nicht neu, aber in diesem Fall originell und mitreißend erzählt (und noch dazu nicht frei erfunden) - so wird eines unserer wichtigsten Themen so zugänglich gemacht wie lebendig gehalten.
Literaturverfilmung vom Allerfeinsten, absolute Empfehlung.
cnm
Der Film basiert auf Wolfgang Kohlhaases Novelle „Erfindung einer Sprache“ (2005).
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