FLIESSTEXT

FLIESSTEXT

Liebe Abonent*innen und Besucher*innen meines Blogs,

dies ist ein Experiment, welches ich mit dem heutigen Tag (4.2.2021) auf unbestimmte Zeit starte.

Das hiermit begonnene Dokument wird eines sein, das ich nur einmal poste und danach regelmäßig aktualisiere bzw. mit Notizen fülle, also ein "lebendiges", sich veränderndes Dokument.

Das bedeutet, dass Sie gelegentlich meinen Blog besuchen müssen, wollen Sie sehen, was mir gerade bzgl. TV, kommenden Kinofilmen und Streaming Angeboten durch den Kopf geht. - Denn als AbonnentIn bekommen Sie dieses jetzt noch recht dürftige Dokument ja nur einmal zugesandt.

Der aktuellste Eintrag wird immer ganz oben stehen, darunter der nächst ältere und so weiter.
Ggf. lösche ich Notizen, die älter als vier Wochen sind.

Los geht's!

EDIT: Im Juli 2021 habe ich entschieden, in diesem Dokument weiter zu posten, obwohl die Kinos wieder spielen. 


01.08.2021, sonntag

MAN LERNT NIE AUS
USA 2015, R.: Nancy Meyers, rund 120 min., D.: Robert deNiro, Anne Hathaway, Rene Russo u.a.

Story um die (Un)vereinbarkeit von Erfolg im Job und Beziehung/Familie, um die Frage, ob gut gemeint auch gut gemach ist, um den Bonus, den die Begegnung unterschiedlicher Generationen mit sich bringen kann, um die Balance zwischen Arbeits- und Erholungszeit und vieles mehr.

Nicht alles, was in Hochglanz verpackt ist, beinhaltet automatisch Mist. Dieser Film kommt daher wie die üblichen top gestylten Heilewelt-Heißluftballons, aber er beinhaltet wohltuend viel Wahres. Selbstverständlich ist der Kitschfaktor hoch, das ändert aber nichts an seiner wunderbaren Substanz. Top!

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26.07.2021, montag

THE GOOD DOCTOR, gefunden auf Netflix, Serie, bislang 2 Staffeln, derzeit ist nur die erste synchronisiert.
Freddie Highmore (Jahrgang 1992) spielt den begnadeten Chirurgen Shaun Murphy, der eine Stelle im Krankenhaus annimmt. Wobei - von Annehmen kann hier kaum die Rede sein. Da der junge Mann Autist ist, nimmt ihn zunächst niemand für voll, anfänglich setzt man sogar vor die Tür! Seine sozialen Fähigkeiten stehen seinem fachlichen Genie diametral gegenüber.

Formal haben wir hier die übliche Krankenhausserie. Ein Arzt sieht besser aus als die andere Ärztin, Filmsets und Ausleuchtung immer vom Allerfeinsten, die vielen Schnitte nach Schwarz (Werbepausen!) nerven ein wenig. Das alles macht die Hauptfigur wett und die Tatsache, dass sämtliche Rollen wirklich solide gespielt sind. Wir erleben ein Kaleidoskop aus Persönlichkeiten, die konkurrieren, einander beistehen und aneinander wachsen. Zu den zentralen Figuren gehören allen voran der Beschützer bzw. die Vaterfigur von Shaun - der Direktor der Klinik (der um das harte Schicksal des Mannes weiß) und eine Nachbarin, die den merkwürdigen Typen nicht vor den Kopf stößt, sondern ihn sofort ins Herz schließt.

Die Interpretation eines Autisten ist dem Schauspieler m.E. vortrefflich gelungen.

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22.07.2021, donnerstag

Die Kinos haben seit einem Weilchen wieder auf, aber ich sehe, dass es mein FLIESSTEXT inzwischen in die Top Ten der Aufrufstatistik gebracht hat. Wenn dem so ist - werde ich mir was einfallen lassen und hier weiter Kommentare abgeben zu Serien, Krimis, Mediatheken...

Bitte denken Sie an mein Angebot, einmal wöchentlich eine mail von mir zu bekommen mit neuen Rezensionen. Ein einfaches "hallo, hierhin bitte!" an

cinemoenti@email.de

genügt.

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27.05.2021, donnerstag

JACKPOT (zzt. in der ARD mediathek, Deutschland 2021)

Erstaunlich, wie spannend ein so ruhig erzählter Thriller doch sein kann, wenn das Buch und Spiel/Regie jederzeit wissen was sie tun und es auch beherrschen. Keine Künstelei, die Musik begleitet diskret aber atmosphärisch dicht, der Schnitt ist auf den Punkt. Viele Momente der Stille, die dennoch vielsagend sind.
Der Film hat mich nicht losgelassen. Empfehlung!

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24.05.2021, montag

BEGEGNUNG (zzt. in der arte mediathek, originaltitel: brief encounter)
GB, 1945, ca 90 min.

die simple geschichte zweier verheirateter, die sich zufällig immer wieder begegnen und sich dann ineinander verlieben, erzählt aus der perspektive der frau.

die story wird immer mal wieder erzählt, zwei beispiele wären "die brücken am fluss" oder "der liebe verfallen". dieses sehr frühe beispiel ist den anderen ebenbürtig - es will einem das herz aus der brust springen.
man bedenke, dass der film zu einer zeit entstand, wo scheidung eine katastrophe für alle beteiligten gewesen wäre, ein absturz, ein ausschluss aus dem gesellschaftlichen leben.

abgesehen von der recht pathetischen musik, die mir zuweilen überstrapaziert scheint, sind die dialoge präzis und zeitlos, das spiel auf den punkt. kamera, licht und schnitt effektvoll, ohne je effekthascherisch zu sein... ein "alter schinken", der sich zu sehen lohnt.

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23.05.2021, sonntag

ARMY OF THE DEAD (seit dem 21.05.2021 auf netflix)

gerade erst gestartet, und jupps! auf platz eins der deutschen netflix gucker.
zu was?  zu recht!
regisseur zack snyder ist ja längst etabliert als innovativer und souveräner zombie-spezi.
hier macht er diesem ruf alle ehre! die zweieinhalb (!) stunden sind kein bisschen zu lang,
denn das horror spektakel ist voll mit guten ideen, politischen spitzen, großzügigem splatter,
innovativem figurendesign, fantastischen (meist digitalen) kulissen, gags wie aus der hüfte
geschossen, und wenn jemand wie ich sich nicht an die musik erinnern kann, bedeutet das, dass ich
den film noch dreimal schauen werde, weil es einfach zu viel zu verarbeiten gab.

kurz zum inhalt: eine spezialeinheit aus vielleicht acht unterschiedlich begabten wird ins eingezäunte las vegas, in dem abertausende zombies eingepfercht sind, geschickt, um 250 mille in bar zu bergen. (witzig: das könnte das budget für den film gewesen sein!) dafür dürfen sie sich auf einen großen anteil des geldes als belohnung freuen. der kampf ums überleben, das öffnen eines tresors und ums entkommen aus dem zombie ghetto beginnt. hier geht es um gier und um lüge, um politik und integrität (offenbar immer ein oxymoron), aber vor allem um entertainment.

von wenigen formalen kleinigkeiten abgesehen ist diese arbeit über jeden zweifel erhaben und gehört jetzt schon zu den besten.

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14.05.2021, Freitag

THE WOMAN IN THE WINDOW (seit dem 14.05.2021 auf Netflix) 

Psychothriller mit Amy Adams, Wyatt Russell, Gary Oldman, Brian Tyree Henry, Julianne Moore u.a. - Buch: Tracy Letts (nach A.J. Finn), Musik: Danny Elfman, Regie: Joe Wright

Anna Fox, eine New Yorker Kinderpsychologin lebt ein verzweifelt zurückgezogenes Leben in ihrem komfortablen Lofthaus, wo sie einen jungen Mann mit Bewährungsauflagen als Mieter akzeptiert.
Ansonsten bleiben ihre Türen weitestgehend verriegelt.
Seit längerem leidet sie unter Agoraphobie, kann also nicht das Haus verlassen und vertreibt sich die Zeit mit Therapiestunden (der Psychologe kommt zu ihr), Filmklassikern aus der Konserve und jeder Menge Alkohol, den sie auf ihre Angstlöser kippt.
Im Haus gegenüber gibt es eine neue Familie, die sie zuweilen mit dem Teleobjektiv beobachtet. Es dauert nicht lange, und sie lernt die Frau von gegenüber persönlich kennen und verbringt einige Plauderstündchen mit ihr.
Kurz darauf wird sie Zeugin des brutalen Mordes: der Ehemann ersticht seine Frau!
Alles nur Einbildung? Alles, was ab hier passiert, ist ein Labyrinth aus Fantastereien und widersprüchlichen Aussagen: die Ehefrau ist eine andere als die, mit der sie gesprochen hatte, die Polizei ist genervt, Recherchen im Netz zu der Getöteten führen ins Nichts.

Wer fantasiert hier? Wer ist Opfer, wer Täter?

Die vielen Anleihen an Klassikern wie "Fenster zum Hof", "Copycat", "The Father" (yet to come), "Getäuscht", "The Shining" usw. sind womöglich gewollt und würden im Prinzip auch nicht stören. Dennoch ist diese Arbeit m.E. völlig missglückt. Zwar wurde personell in Gold gewühlt: Elfman schrieb die Musik, die Besetzung ist exzellent, die Fotografie, Licht, Kostüme, Kulissen der ständige Augenschmaus (jede Einstellung Trailermaterial).

Was hingegen prächtig schief ging, ist die (psycho)logische Linie des Buchs und der Figuren.
Das Verhalten der meisten Beteiligten (vor allem der Hauptfigur) ist wie aus der Luft gegriffen, kein Stück nachvollziehbar und inkonsistent, die meisten Emotionen überbetont und damit ermüdend inflationär. Somit muss die wackelnde Spannung sehr künstlich mit dramatischer Musik behauptet werden. Gegen Ende gibt es dann noch den etwas peinlichen Kunstgriff ins Theatrale: Licht- und Szenenwechsel wie auf einer Bühne sollen die Perspektive der Anna veranschaulichen; mehr Holzhammer geht nicht.

Als kleines Ablenkungsschmankerl an langweiligen Corona-Abenden immerhin möglich, doch halten Sie das Strickzeug, Chips & Co bereit - Sie könnten's brauchen.

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09.05.2021, Sonntag

SOUL

Reguläre Kritik zum Disney/Pixar Film und OscarGewinner in meinem Blog.

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08.05.2021, Samstag

AN SEINER SEITE (gerade zu sehen in der arte Mediathek) 

Stilles Drama mit Senta Berger, Peter Simonischek, Thomas Thieme u.a.
Deutschland 2021, Regie: Felix Karolus

Erzählung um eine Frau, die eine Karriere lang ihren Mann, den prominenten Dirigenten gestützt und begleitet hat, die Tochter musste dafür ins Internat.
Berger spielt eine, die nicht mehr weiß wer sie ist vor lauter Fassade und Funktion. Ihr Mann geht über sie hinweg, wo er nur kann, gut getarnt mit aufgesetzter Zugewandtheit und Küssen auf den Kopf seiner Frau. Ihr Widerwille springt einen förmlich an.
In der Situation begegnet sie einem Fremden, der sie tief berührt und den selbst gewählten Knast vollends unerträglich macht.

Brillant gespielt und geschrieben, das müssen Sie sich einfach ansehen!

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07.04.2021, Mittwoch

MADAME CLAUDE (gerade zu sehen auf Netflix) 

ist eine französische Produktion, ein Biopic in Form eines epischen Dramas über die gleichnamige Bordell-Leiterin (bürgerlicher Name: Fernande Grudet), die es während der End-Sechziger Jahre in Zusammenarbeit mit ein paar Dutzend Huren zu Geld, Ansehen und Einfluss auch in der Politik gebracht hatte. Der Film erzählt von ihrer Arbeitsweise und ihrem Denken, ihrer Einstellung zu Romantik und den Geschäften sowie von ihrem Niedergang. Der höchste Preis, den sie zahlte, war vielleicht die Aufgabe aller Sentimentalität.

Der Film ist so unsentimental wie die dargestellte Frau, und nur so, denke ich, kann er funktionieren und ihr auch gerecht werden. Cinéastisch, atmosphärisch, schauspielerisch ist hier nichts, aber auch rein gar nichts auszusetzen. Allein das Ende kommt mir ein wenig dahingehuddelt vor, aber man kann eben nicht alles haben. Die unterlegte Musik macht große Lust, sich mal wieder französische Chancons auf Vinyl anzuhören.

Absolut sehenswert, ein Jammer, dass wir so etwas derzeit nicht im Kino genießen können.

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06. April 2021, Dienstag

Lockdown und kein Ende. Beim wiederholten Anschauen von MARRIAGE STORY (Netflix Produktion) muss ich ganz entschieden weinen. Ging mir das beim ersten Mal auch so? Wieviel bittersüße Wahrheit dieser Film enthält!

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26. März 2021, Freitag

Gute Nachrichten! Ab dem 14. Mai 2021 wird es die Kult-Comedy Serie FLEABAG auf Silberlingen geben. Ich habe sie bereits auf Englisch angeschaut und kann sagen, das ist frisch, das ist originell und sehr lustig, weil sehr nah am Leben gebaut. Lassen Sie sich mitreißen!

 

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23.03.2021, Dienstag

MARRIAGE STORY, SOUNDTRACK VON RANDY NEWMAN

Der preisgekrönte o.g. Film erzählt vom Zerbrechen des Mikrokosmos' Ehe.
Der Gigant Randy Newman schrieb die Filmmusik dazu. Newman ist wohl einer der größten Romantiker unter den Komponisten (während er mit seinen Solo-Alben seit je als größter Zyniker rangiert).
Der Score zu Marriage Story hat die Seele eines Films aus den 1950er Jahren - Streicher und Klavier, kein Schlagzeug, nicht ein Synthie-Sound - sie nimmt sich zurück und erzählt eine Melancholie, und nichts als Melancholie, so rein, dass man ganz still und andächtig wird und die Tränen ganz von allein sickern. Ich sage Ihnen: die Zeit bleibt stehen, wenn Sie diesem Werk lauschen. Man stirbt sieben Tode, und man stirbt sie gern.

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14.03.2021, Sonntag

POLIZEIRUF 110: SABINE

Spannendes, zeitgemäßes Thema, brillant besetzt.
Doch: die Inszenierung fällt in sich zusammen mangels Gespür für organisches Timing und vor allem, weil die Regie allzu offensichtlich kosmetisch vorgeht, will sagen: nicht durch die Oberfläche dringt. Bedaure: es hakt!

Von Drehbuchseite positiv anzumerken ist, dass es exakt den Wert von Lippenbekenntnissen evaluiert. Außerdem: Luise Heyer ist eine Göttin.

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03.03.2021, Mittwoch

Der Horrfreund freut sich, findet er doch auf Netflix eine deutsche Produktion aus dem Jahr 2018, von der er gar nichts gewusst hatte: HEILSTÄTTEN.

Ein paar eigentlich konkurrierende Influencer tun sich zusammen, um gemeinsam in einem verlassenen wie verrotteten Krankenhaus aus der Nazizeit bei Berlin ihre Ängste zu erleben, zu filmen und damit später möglichst viral zu gehen.
Viele Handkameras (konventionelle, wärme- und Nachtsichtkameras) sind im Einsatz.
Angst erwarten sie mit ironischer Distanz, denn angeblich lebt in diesen Gemäuern ein grausamer Geist.
Was wir bekommen ist das, was wir erwarten: freche Sprüche und Arroganz, die mit blutigen Vorgängen abgestraft wird, immer schön verwackelt, Blair Witch Project, Paranormal Activity und Konsorten lassen 1:1 grüßen. Die Schockeffekte beschränken sich weitestgehend auf mäßig gut gespielte Angst (wieder streckenweise wie Kopien der bekannten Klassiker) und rasche Schnittfolgen, in denen einzelbildweise Fratzen zu erkennen sind.

Die Location ist klasse und macht beinah' die größte Freude an dem Spielchen. Außerdem lohnt es sich, selbst bei drohender Langeweile, den Film bis zum Ende zu sehen, denn das kommt wirklich unerwartet und bietet eine echte Überraschung.

Meinen Widerwillen gegen das Zusammenspiel von Nazigräueln und einem Twen-Horror musste ich den ganzen Film über runterwürgen - was mir jedoch nicht ganz gelang.

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28.02.2021, Sonntag

Warum ich VERRÜCKT NACH IHR mag.

Von der Story will ich hier gar nicht groß berichten; je weniger man weiß, desto interessanter das Erlebnis. Unterm Strich beschäftigt sich dieser feel good Film mit der Frage, was psychische Gesundheit bedeutet und wie wir mit dem Thema umgehen bzw. umgehen könnten.

Dabei greift das Buch tief, tief in die Klischeekiste und lässt nach möglichkeit keines aus. Viele gags sind vorhersehbar bzw. arg platt, vor allem die ziemlich ausgedienten Wortspielchen.

Dennoch. In seinem Grundanliegen und in einigen Sätzen - die man sich am besten aufschreibt, um sie nie zu vergessen - wird diese Arbeit dem Thema auf wohltuende Weise gerecht. Und darum gefällt mir auch, dass er so gut konsumierbar, so augenscheinlich federleicht-naiv gestrickt ist - denn es ist gut, wenn er von möglichst vielen Leuten - gern und bis zum Ende - gesehen wird.

Es wird was hängen bleiben. Versprochen.
Darum mag ich Verrückt nach ihr.

Derzeit zu finden auf Netflix

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27.02.2021, Samstag

DER GOLDENE HANDSCHUH, auch wenn ich ihn schon besprochen habe, sei hier nochmal empfohlen als ein Meilenstein in Sachen Präzision und Radikalität. Akin nimmt sich menschlicher Abgründe an und macht dankenswerterweise nicht den Versuch, uns große Erklärungen zu liefern für das Morden und die Gewalttaten einer historischen Person. Es ist einfach, wie es ist - wie im richtigen Leben; wir alle wissen das. Nichts für schwache Nerven!

Derzeit zu finden auf Netflix

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 20.02.2021, Samstag

AM GRÜNEN RAND DER WELT - gefunden auf Netflix
Großbritannien, 2015 - mit Carey Mulligan, Matthias Schoenaerts u.v.m.
Regie: Thomas Vinterberg

Romanverfilmung (Thomas Hardy) mit viel, viel Gefühl.
Die junge und gut aussehende eigenwillige Gutsbesitzerin Bathsheba muss sich kurz nach ihrem üppigen Erbe erstmal an die neue Rolle der Chefin gewöhnen. Da sie so klug wie eigenständig ist, gelingt ihr das im Handumdrehen. Derweil wird sie von gleich drei Männern umworben; alle in ihrer Nähe, alle auf eine eigene Weise interessant. Allerdings fühlt sie sich allein und autark leben eigentlich pudelwohl!

Cinéastisch ist dieser Film meisterlich, lupenrein. Kein Wunder bei der Regie.
Und wenn auch die Geschichte unterm Strich nicht allzu originell ausfällt, so ist doch die schauspielerische Leistung und die insgesamt atmosphärisch hergestellte Authentizität allzu sehenswert (wenn man mal die ständig untergelegten Geigen-Geschwader außer Acht lässt).

Ich gebe zu: es hat mich erwischt... ich bin in sowohl Carey Mulligan als auch in Matthias Schoenaerts verknallt...  

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19.02.2021, Freitag

Seit dem 9.2. ist der Film SUNBURNED digital erhältlich.  

Verleih-info:
Carolina Hellsgård erzählt mit SUNBURNED eine Coming-of-Age Geschichte mit gesellschaftlich höchst relevantem Subtext. Einmal mehr beweist die gefragte Nachwuchsregisseurin dabei ihr sicheres Gespür für Tonalität und Filmsprache.
SUNBURNED verbindet die Schicksale zweier junger Menschen, die zufällig auf einander treffen, an der Grenze Europas und lässt dabei Welten aufeinander prallen, ohne laut zu werden. Und doch spürt man als Zuschauer die volle Wucht an Emotionalität und Tiefe. Zita Gaier, die junge Hauptdarstellerin, ist eine Entdeckung!

Cinemoenti meint:
Der Verleih hat absolut recht!
Diese Arbeit zeichnet sich durch eine Zärtlichkeit aus, die sich ohne jeden Kitsch wie eine wohlig warme Decke übers Gemüt legt. Obwohl doch die meisten der erzählten Figuren - jede auf ihre Weise und aus unterschiedlichsten Gründen - wie erfroren, erstarrt, verstummt und resigniert scheinen. Jedes Hochgefühl, jeder Partyspaß ist wie simuliert, um noch irgendwie den Anschein von Lebendigkeit zu erwecken. Und unter all dem spüren wir Dank der sensiblen Regie, dem gut ausgewählten Cast und einer brillant zurückhaltenden Vertonung die Sehnsucht nach echtem Leben und einem gesunden Weltgefüge. Sunburned kann man m.E. auf Augenhöhe mit Es gilt das gesprochene Wort sehen. Empfehlung!
★★★★★☆

Abrufbar bei Amazon Prime, Google Play, YouTube, Magenta TV und Apple iTunes

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18.02.2021, Donnerstag

Ist es Ihnen je aufgefallen? THE ARTIST, der französische Stummfilm von 2011, überschüttet mit Filmpreisen,  läuft während seines emotionalen Höhepunkts gänzlich ohne Ton. Jawohl: keine Musik, keine Sprache, kein Geräusch, nichtmal ein simuliertes Knistern. Stumm! Und es funktioniert! Das ist eine filmische Souveränität, der tatsächlich höchste Anerkennung gebührt.

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17.02.2021, Mittwoch

In der ARD Mediathek finden Sie eine exzellente, kluge und höchst unterhaltsame deutsche Produktion des Genres Film-im-Film.

Der beschriebene Vorgang ist zugleich auch der Titel: CASTING.
Eine nicht mehr ganz junge Regiedebütantin darf einen R.W. Fassbinder Klassiker als Fernsehfilm neu inszenieren. Für die weibliche Hauptfigur ist die passende Besetzung ihres Erachtens jedoch noch nicht gefunden, die deadline naht, und wir dürfen miterleben, wie sich Frau um Frau im Studio einfindet, um sich dem Spiel von Angst, Anbiedern und Alles-Geben aussetzt.

Die Darstellung von Zynismus, Demütigung und Sexismus ist perfide wie prototypisch für das Fernsehgeschäft und dabei derart glaubhaft gespielt, dass man fast meinen könnte, es handle sich um eine Dokumentation!

Sämtliche Schauspielerinnen (und auch ganz hervorragend: der männliche "Gegenleser") geben ein breites Spektrum an Charakteren: die Ergebene, die gekränkte Siegerin, die Verzweifelte, die Souveräne... Eines ist hier ganz klar: wir befinden uns in einem Haifischbecken.

Da CASTING zu meinen Lieblingsfilmen gehört, möchte ihn ihn Ihnen, da jetzt verfügbar, mit Pauken und Trompeten ans Herz legen.

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15.02.2021, Montag

TATORT: HETZJAGD (Episode 1156)

Die Kommissarinnen Lena Odenthal und Johanna Stern ermitteln in einem Mordfall in der rechten Szene und deren Gegenbewegung.

An dieser Arbeit lässt sich leicht erkennen, dass Texte Subtexte brauchen. Ohne Subtexte (der Text, der unter dem Text liegt, aber unausgesprochen bleibt) ist ein Text wie tot. Auch lässt sich anhand dieser Folge veranschaulichen, dass Figuren erst interessant werden mit einer eigenen Geschichte: ihrem Familienleben, ihren Wunden und ihren Sehnsüchten. Des Weiteren sollten sich die Dialogbücher der gesprochenen Sprache bedienen und nicht der geschriebenen. Schriftsprache klingt nach Theater, klingt aufgesagt, unorganisch.

All diesen Gesetzen folgt dieser Tatort nicht. Es scheint, als habe überhaupt keine Regie stattgefunden! Was dabei herauskommt, ist derart papiern und zombiehaft, dass es eigentlich nur Komatösen entgehen dürfte.

Was mich zur beliebten und gern gesehenen Schauspielerin Ulrike Folkerts bringt. Die Produktionen gönnen dieser Frau seit ewigen Zeiten entschieden zu wenig. Zu wenig eigene Geschichte, zu wenig Profil, zu wenig Persönlichkeit. Wie sollte sie daraus etwas entwickeln jenseits einer Figur, die lediglich ernst aus der Wäsche guckt und so etwas wie Professionalität vermittelt?
Das ist einfach nur langweilig! (Übrigens betrifft dieses Dilemma auch viele andere Figuren der Tator-Reihe).

Dass es auch anders geht, zeigte jene Folge mit Folkerts, in der die genaue Formulierung der Texte - quasi halb improvisiert - ihr selbst überlassen wurden. Es heißt, sie habe Blut und Wasser geschwitzt, aber da, endlich, konnte man sie spüren und wirklich erleben jenseits dumpfer Klischees. Ich wünsche Frau Folkerts bessere Autor*innen und souveränere Regie, damit sie uns endlich mal wieder zeigen kann, wie der Hase läuft.

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12.02.2021, Freitag

Ich stehe ja auf richtig harte Horrorfilme.
Also schaue ich "Mainz bleibt Mainz 2021".
99,581 % Männer bestreiten diese Sendung.
Da wundert es mich doch ein wenig, dass das vor Mitternacht laufen darf und offenbar auf keinem Index steht.
 
(Höhepunkt der Veranstaltung ist in etwa dieses Wortspiel: "Mein Lieblings-Tee ist ja der 
Décolleté")

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8. Februar 2021, Montag

- LOVE -
US Serie (2018)  in 3 Staffeln, derzeit zu sehen auf Netflix
von Judd Apatow, mit Gillian Jacobs, Paul Rust u.v.m.

Als Mickey (gerade getrennt von ihrem dumpfbratzigen Freund) im Tankstellenkiosk Theater macht, weil sie kein Geld dabei hat und den bereits fertigen Kaffee als Stammkundin nicht einfach mitnehmen darf, bezahlt Gus (ebenfalls frischer Single) für sie. Obwohl er das Geld gar nicht zurück haben will, besteht sie darauf, dass er sie nach Hause begleitet, damit sie ihre Schuld sofort begleichen kann. Auf dem Fußweg kommen sie ins Gespräch und sind sich nicht so ganz unsympathisch…

So viele Filme und Serien geben vor, sich mit der Liebe zu befassen und letztlich bleibt es doch bei der reinen Behauptung und damit ziemlich lebensfern. Da steht dann meist die körperliche (und damit für uns leicht nachvollziehbare) Anziehung im Vordergrund - doch damit bleiben die meisten Filmkonstrukte unterm Strich hohl und öde: eine reine Projektionsfläche.

Nicht so hier: diese Serie nimmt sich Zeit ohne Ende und wir durchlaufen mit den beiden Hauptfiguren (und die Nebenfiguren haben es in sich, bringen noch viele weitere, ergänzende Aspekte mit sich) viele wichtige Phasen der Entstehung einer Liebe. Wie mit erstem Suspekt umgehen? Wie Vertrauen bilden? Was passiert bei temporärer räumlicher Distanz? Wieviel erzählt man einander von alten Wunden? Wie wichtig ist Geben, wie wichtig ist Nehmen? usw.

Während die Story freundlich vor sich hin zu plätschern scheint, wird letztlich klar, wie sehr doch eine Zweisamkeit der Arbeit bedarf , des Schmerzes und der mühsam gewonnenen Erkenntnis. Das mag klingen, als sei das Anschauen dieser Serie eher Arbeit, aber das Gegenteil ist der Fall: witzig und unterhaltsam ist das alles, mit klugem Humor (Woody Allen müsste die Geschichte lieben!). LOVE ist erhellend und belebend, eine Wohltat für jedes nerdige Herz - mit eindeutigem Indie-Charme.

Mein absolutes Highlight im Seriendschungel.

 

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7. Februar 2021, Sonntag

Es gibt Menschen, die lieben Filme, aber keine alten Filme. Ein wenig verstehe ich die Furcht vor der Langsamkeit, der Abwesenheit von Farbe, krachendem Ton und das Vermissen einer Verbindung zu heutigen Themen. Aber es gibt Glanzlichter, die aktueller sind als jeder Science Fiction es sein könnte, deren Dialoge über Jahrzehnte nicht ein Körnchen Staub angesetzt haben und die nichts als Ehrfurcht gebieten. Heute spreche ich von ALLES ÜBER EVA.
USA, 1950 - R: Joseph L. Mankiewicz, an der Front des genialen Casts: Bette Davis und Anne Baxter.

Die schüchterne Eva steht allabendlich am Hintereingang eines Theaters; sie schaut jede Vorstellung und ist leidenschaftliche Bewunderin des Stars Margo. Bald wird sie gütig und aus Mitgefühl in diesem Kreise aufgenommen. Sie tritt dankbar devot auf, all ihr Tun und Reden ist darauf bedacht zu helfen und zu unterstützen. Manche im Ensemble schöpfen früher Verdacht, manche zu spät: die augenscheinlich so scheue Eve ist in Wirklichkeit von Ehrgeiz zerfressen und durch und durch falsch.

Der bloße Inhalt dieser Geschichte ist ja schon reizvoll, aber wirklich sehenswert und zu einem Meilenstein der Filmgeschichte machen ihn die vielen Details. Jeglicher Kitsch wird zum bestmöglichen Zeitpunkt aufgebrochen, so dass wir, das Publikum, durch die Risse der Fassaden lugen dürfen. Die Texte sind von einem süffisanten Humor durchzogen, sie sind knackig und nie schwülstig oder billig. Und das Beste: hier wird Wahrheit gesprochen, dass es kracht. So viele Szenen, in denen wir uns wiederfinden können!

Will also sagen: falls Sie ALLES ÜBER EVA noch nie gesehen haben... vertrauen Sie mir, besorgen Sie ihn sich und schauen Sie ihn sich an. Schalten Sie das verdammte Smartphone ab und gönnen Sie sich ungestörte zwei Stunden allerbester Unterhaltung!


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6. Februar 2021, Samstag

LIEBE UND ANARCHIE
Serie, Schweden 2020, seit 2020 auf Netflix
bislang 8 Folgen a je ca. 30 Minuten

Unternehmensberaterin Sofie soll einen etwas verstaubten Verlag samt kauziger Belegschaft auf digitalen Hochglanz polieren. Mit Elan tritt die Freiberuflerin den Job an. Ihre Fassade funktioniert prächtig, aber etwas liegt da im Argen, masturbiert die erfolgreiche Familienmutter doch zwanghaft heimlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Ein wesentlich jüngerer Kollege fotografiert sie eines Spätabends dabei und kann sie nun erpressen. Ihm geht es allerdings nicht um Geld, sondern um Sofie! Was hieraus entsteht, ist aberwitzig und gerade in diesen Zeiten von tausend coronabedingten Zwängen unheimlich befreiend.
Absolute Empfehlung als fette Dosis guter Laune!

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5. Februar 2021, Freitag

Muss ich doch eben im Netz lesen, dass jetzt viele homosexuelle SchauspielerInnen ein Coming Out wagen. Es ist wohl immer noch ein Problem, als Homosexuell/er gecastet zu werden.  Unter dem Hashtag #actout wird diese Gruppe nun laut und lauter.

Ich bin so überrascht wie empört, hatte ich seit längerem angenommen, dass dieses Thema so langsam ad acta gelegt worden sei. Eine Überlegung ist dem Artikel nach, queere Rollen nur noch mit queerem Personal zu besetzen. Das halte ich für kontraproduktiv und sogar für falsch. Es würde eine Art positive Diskriminierung bedeuten, das Abstellen einer Klientel in eine bestimmte, streng definierte Ecke. - Das Wesen von Schauspielerei ist aber doch das Einfühlen in einen Charakter, und wenn man die Technik souverän beherrscht, kann prinzipiell jede/r jede/n spielen!

Es sollte halt nur kein Ausschlusskriterium bei der Besetzung von Projekten sein, wie jemand sexuell orientiert ist. - Leute, wie schwachsinnig, ignorant und gestrig kann man denn sein, so vorzugehen?! Woher kommt diese eigentümliche Angst oder Abscheu vor Homosexualität? Kluge Menschen begreifen: ein Gefühl ist ein Gefühl. Ob es in diese oder jene Richtung steuert, ist ein sehr unwesentlicher Unterschied; ein Kribbeln bleibt ein Kribbeln, eine Enttäuschung eine Enttäuschung - mehr, bedaure, ist es nicht!

Dass im Fußball offen gelebte Homosexualität einem Todesurteil gleichkommt, habe ich längst verinnerlicht. Das ist zwar traurig, aber offenbar haben die vornehmlich männlichen Spieler bei dem Gedanken an Intimität zwischen Mann und Mann Angst um ihr Leben, ihre Ehre oder sonstwas Existentielles. Möglicherweise schließen sie auch von sich (verzeihen Sie die kleine Spitze) und ihrer innersten Überzeugung, dass sie grundsätzlich jeder Frau an die Wäsche dürften, wenn man(n) sie nur ließe, auf homosexuelle Kollegen in der wüsten Fantasie, einer könnte sie begrapschen oder gar überfallen. Glauben Sie mir: dem wird nicht so sein, denn der überwiegende Teil der Schwulen verfügt über so etwas wie Einfühlungsvermögen (deutlicher: die Fähigkeit, sich die Gefühlswelt des anderen vorzustellen und diese zu respektieren).

Kein Vertun: so wie Berlin bloß ein gigantisches Kaff ist, ist das 21. Jahrhundert bloß eine 1 statt einer 0 auf irgendwelchen Dokumenten. Willkommen im Vorgestern!

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4. Februar 2021, Donnerstag

Im Mai soll HIMMEL ÜBER DEM CAMINO in den Kinos starten.
Eine Dokumentation über Pilgerer auf dem berühmten Jakobsweg in Spanien.
Seine Stärke liegt m.E. in seiner Schnörkellosigkeit und der Unterlassung jedweden Kitsches.
Die Musik ist sensibel gewählt und recht unsentimental; ich habe die Wandernden gern begleitet
und mir ihre Geschichten angehört. Ein schönes Pendant zu "Ich bin dann mal weg" von Hape Kerkeling.

Kommentare

  1. Es freut mich, dass du so aktiv bist. Ich verblöde immer mehr. Mach weiter so.

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