FALLING

FALLING
Kinostart: 12.08.2021 | FSK 12
Henriksen, Mortensen | ⓒ 2020 Perceval Pictures


 
Dänemark, Großbritannien, Kanada 2020
Genre: Drama, Queer
Länge: satte 110 Min.
Regie: Viggo Mortensen
Buch: Viggo Mortensen
Darsteller: Viggo Mortensen, Lance Henriksen, Terry Chen, Laura Linney, Sverrir Gudnason u.a.
Kamera: Marcel Zyskind
Schnitt: Ronald Sanders
Musik: Viggo Mortensen

Mit großem Widerwillen zieht der alt und dement werdende Vater Willis zu seinem Sohn, als immer offensichtlicher wird, dass er allein auf seiner Farm im Nordosten der USA nicht länger zurechtkommen wird. John, den er mit Vehemenz zu einem richtigen Mann hatte großziehen wollen, lebt nun eine Patchworkfamilie - mit seiner Homo-Beziehung zu Partner Eric und der Adoptivtochter Mónica, in die der Alte - zugegeben - ganz vernarrt ist.
John hatte sich als Erwachsener aus den Spießerzwängen seines Vaters befreit und war auf Distanz gegangen, wurde Offizier bei der Air Force und lebte sein eigenes Leben. Nun hocken sie wieder aufeinander, die Kommunikation läuft gar nicht, es wird nur gezetert und gestritten, doch John gibt seinen Vater nicht auf. Auch die vielen schrecklichen Erinnerungen, die nun wachgerufen werden, erträgt er mit Engelsgeduld.

Viggo Mortensen, das Multitalent, fährt hier eine Leistungsschau auf: er schrieb das Buch, spielte eine Hauptrolle, führte Regie, schrieb die Musik... und dazu ist Falling auch noch sein Debütfilm! 
Mortensens Talente, sein Wissen, seine Weltgewandtheit und intellektuelles Wesen mögen Respekt einflößen, und er erntet für diese Arbeit ausreichend Lorbeeren.

Mir jedoch hat die Suppe nicht geschmeckt. In seinem ambitionierten Werk quält Mortensen sich, die Figuren und mich als Zuschauer durch eine überlange Filmstrecke, in der gleichbleibend gejammert, gegeißelt und gelitten wird. Die Charaktere sind dabei auffallend eindimensional: sie zeigen lediglich einen völlig undifferenzierten Status Quo, der schon immer so war und wahrscheinlich bis zum Ableben des Vaters auch so bleiben wird.
Dass sich die Figur John (in jeder Szene wie aus dem Ei gepellt, in einer Wohnung so adrett aus in einem 50er Jahre-Feelgood-Movie, da geht auch mal der Homo als anständiger Mensch durch) so konsequent demütigen lässt: das hat was vom Zelebrieren einer Jesus-Figur! Wem will er das eigentlich verkaufen?

Selbst die von mir auf Knien verehrte Laura Linney bekommt als Schwester ein paar derart blasse Auftritte (sprich: Dialogzeilen), dass es regelrecht körperlich weh tut zu sehen, wie sie alles gibt, um aus diesen nichtssagenden Worten etwas Lebendiges entstehen zu lassen (gelingt natürlich nicht). Mein Respekt vor Mortensen ist ungebrochen (man denke an seine vielen großartigen Leistungen, beispielsweise jüngst in Green Book), und so freue ich mich auf kommende Arbeiten, bei denen er hoffentlich mehr Mut und die Souveränität zum Jobsplitting aufbringt.

Das deprimierende Porträt eines US-Generationenkonflikts, in dem leider ein allzu gut meinender intellektueller Überbau jedweder filmischen Magie im Wege steht. Auf ein Neues, Herr Mortensen!

cnm

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