DEAR EVAN HANSEN

DEAR EVAN HANSEN ½
Kinostart: 28.10.2021| FSK 12

Ben Platt | ⓒ Universal Pictures Germany

USA 2021
Genre: Musical, Coming of Age
Länge: rund 135 Min. (langer Film)
Regie: Stephen Chbosky
Buch: Steven Levenson (nach dem Bühnen-Musical der gleichen Crew)
DarstellerInnen: Ben Platt, Amy Adams, Julianne Moore, Kaitlyn Dever, Amandla Stenberg, Nik Dodani, Danny Pino, Colton Ryan, DeMarius Copes u.a.
Kamera: Brandon Trost
Schnitt: Anne McCabe
Musik & Songtexte: Benj Pasek & Justin Paul
Score: Dan Romer


Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht. Der Highschool-Schüler Evan Hansen leidet an übermäßiger Schüchternheit und Minderwertigkeitsgefühlen. Einem psychologischen Rat folgend, schreibt er Briefe an sich selbst, die wertschätzend und aufbauend sein sollen. Während seine Mutter ihn in Watte packt, hofft er auf mentale Besserung. Die von ihm angehimmelte Mitschülerin scheint unerreichbar, also kommt sie nur in Tagträumen und in seinen Briefen an sich selbst vor. Als ein etwas melancholischer Brief in die Hände des Bruders der Umschwärmten gerät, und das, kurz bevor dieser sich das Leben nimmt, entstehen größte Missverständnisse, die Evan wider Willen zum Held der Schule machen.

Die Voraussetzungen für einen gelungenen Wurf waren bei diesem Projekt ausgesprochen groß, wirkten doch lauter mit OscarⓇ-, Grammy- und Tony-prämierte Kreative mit. Auf der Musicalbühne war das Stück auch schon zur Genüge abgefeiert worden. Hauptdarsteller Platt war mir zuvor in der Serie THE POLITICIAN als Schauspiel- und Gesangsphänomen aufgefallen. Doch für mich hat die Leinwandumsetzung von Anfang an nicht funktioniert. Der Überschüchterne (Platt) sieht a) sehr gut aus und kann b) sehr gut singen. Und offenbar ist es ihm nicht eben leicht gefallen, eine angeknackste Seele zu spielen, denn er formt sie artifiziell und zu groß. Ich glaube sie ihm nicht. Von diesem Punkt aus gesehen kann der Rest der Geschichte (die - arg unbeholfen ins Deutsche übersetzt und dabei noch gesungen - eine ziemliche Quälerei darstellt) kaum funken.

Das Potenzial der Story hätte zu einer beeindruckenden Verhandlung der Themen Freundschaft und Liebe, Einsamkeit vs. Gemeinschaft - und den Gefahren digitaler Bande (deutlicher: viraler Phänomene) gereicht, doch hier türmen sich allzu heikle Missinterpretationen auf, wie etwa der schlagartige soziale Aufstieg eines Niemands mittels tausendfacher likes an der Schule. Die vielen Irrungen und Wirrungen des Plots führen hier nicht etwa zu einem tieferen Verständnis, sondern zur Ermüdung der Sinne. Erst nach über zwei Stunden gelingt es der Hauptfigur, einen eigenen, neuen und wirklich heilsamen Weg einzuschlagen - für mich der einzig lohnende Moment des Films.

Womöglich gibt es eine Zielgruppe von Heranwachsenden oder Pubertierenden, für die die Leinwand-Adaption des Stoffes ein Knaller ist - denen würde ich jedoch unbedingt zur Originalversion, nicht zur deutschen Sync-Fassung raten.

cnm

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