WIE IM ECHTEN LEBEN

WIE IM ECHTEN LEBEN 
Originaltitel: Ouistreham | Filmstart: 30.06.2022 | FSK 6
Putzkolonne mit Juliette Binoche ⓒ Neue Visionen Filmverleih




Frankreich 2021
Genre: Spielfilm, Sozialdrama
Länge: knapp 110 Min.
Regie: Emmanuel Carrère
Buch: Emmanuel Carrère, Hélène Devynck
Nach: Florence Aubenas
Cast: Juliette Binoche, Hélène Lambert, Léa Carne, Emily Madeleine, Patricia Prieur, Evelyne Porée, Didier Pupin
Kamera: Patrick Blossier, AFC
Schnitt: Albertine Lastera
Musik: Mathieu Lamboley

Die Inhaltsangabe / Besprechung muss bei diesem Film naturgemäß die Story verraten. Wenn Sie sich von dem Film lieber überraschen lassen wollen, lesen Sie meinen Text ab der Trennlinie nicht weiter. Im Zentrum der Geschichte steht eine mittellose Frau, die ihr Leben neu aufstellen muss und sich einer Putzkolonne auf einer Fähre anschließt. Die Arbeitsbedingungen hier sind hart, doch es entsteht auch eine schöne Form von menschlicher Wärme. Der Film ist gut gemacht, diskutabel und relevant.

SPOILER_TRENNLINIE_SPOILER_TRENNLINIE_SPOILER_TRENNLINIE_SPOILER_TREN

Marianne hat ihre Existenz verloren und will in der nordfranzösischen Hafenstadt Caen neu anfangen. Mittellos wie sie ist, zeigt sie sich im JobCenter zu jeder Arbeit bereit und bekommt schließlich eine Chance als Putzkraft auf einer Fähre. Die Bedingungen sind hart, die Bezahlung erbärmlich, doch das Team aus Frauen erweist sich bald als eine solidarische, warmherzige Gemeinschaft. Doch all das ist nur fake: eigentlich ist die Neue im Team eine renommierte Schriftstellerin und recherchiert "investigativ" - so nennt man das wohl - und selbstverständlich zeitlich begrenzt zum Thema prekäres Arbeiten und Leben. In dieser Zeit pflegt sie keinerlei Kontakt zu ihren Leuten aus der Kulturelite. Wer hätte gedacht, dass sie schon in Kürze wahre Freundinnen findet und bei den Kolleginnen wertvolle menschliche Größe entdeckt?

Es ist doch interessant, dass gerade eine der renommiertesten Schauspielerinnen Frankreichs eine namhafte Autorin spielt. Dass gerade Juliette Binoche für eine Geschichte bereit war (dies war sogar ihr ureigenes Wunschprojekt, das sie forcierte und vorantrieb), die die große Kluft zwischen Spitzenverdienern und jenen, die nie adäquat fürs Schuften bezahlt werden, zeigen soll. Möglicherweise hätte ich den Film weniger ambivalent wahrgenommen, wäre die Hauptrolle nicht von einem Star gespielt worden. Dankenswerterweise betreiben weder Buch noch Regie Sozialkitsch; das wäre unverzeihlich gewesen. Im bitteren Schlussakt wird nämlich deprimierend deutlich, dass sich an den Verhältnissen nie etwas ändern wird. 

Obwohl uns Wie im echten Leben bemerkenswert engagiert vor Augen führt, dass die Ungerechtigkeiten in der Arbeitswelt quasi zementiert sind, kann ich mich der Frage nicht erwehren: wozu denn eigentlich?

cnm

Kommentare

Beliebte Posts der letzten 30 Tage

SPY x FAMILY CODE: WHITE

BEI UNS HEISST SIE HANKA

QUEER EXILE BERLIN

GASOLINE RAINBOW

THE ZONE OF INTEREST

MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG

IRDISCHE VERSE

ZWISCHEN UNS DER FLUSS

DOGMAN

ONE LIFE