DIE ZEIT, DIE WIR TEILEN

DIE ZEIT, DIE WIR TEILEN 
Originaltitel: A propos de Joan | Filmstart: 31.08.2022 | FSK 12
Isabelle Huppert, Lars Eidinger | ⓒ CAMINO Filmverleih





Deutschland, Frankreich, Irland 2021
Genre: Drama, Elegie
Länge: 100 Min.
Regie: Laurent Larivière
Buch: François Decodts, Laurent Larivière
Cast: Isabelle Huppert, Lars Eidinger, Freya Mavor, Swann Artaud, Louis Broust, Dimitri Doré, Florence Loiret-Caille, Fabrice Scott, Stanley Townsend, Éanna Hardwicke, Breffni Holahan, Leo hanna, Yongsou Cho, Jorg Schnass
Kamera: Céline Bozon
Schnitt: Marie-Pierre Frappier
Musik: Jérôme Rebotier

Ganz zufällig begegnet die Verlegerin (und allein erziehende Mutter) Joan Verra in den Pariser Straßen nach einem gefühlten Leben ihrer ersten großen Liebe. Keine große Sache, will man meinen, doch es wirft die Frau zurück und bringt sie so durcheinander, dass sie sich spontan aufs Land zurückzieht, um sich dort neu zu sortieren. Dort folgen wir ihr in ihren Erinnerungen: ihr Leben präsentiert sich in Versatzstücken aus (Liebes-)Beziehungen. Allen voran natürlich zu ihrem Sohn Nathan, mit dem sie seit je symbiotisch lebt, dicht gefolgt von dem leicht manischen Autoren Tim Ardenne, der Joan anbetet, ob sie es zulässt oder nicht.

Traumwandlerisch, wie dieser Film erzählt ist, lassen sich seine Geschichte und Atmosphäre schwer in Worte fassen. Filmische Gesetzmäßigkeiten in Zeit und Raum werden hier gelassen ignoriert: gleich zu Beginn schwadroniert Joan, während sie am Steuer ihres Wagens sitzt und durch die Nacht fährt - den Blick direkt auf uns im Kinosaal gerichtet - über die Aussprache ihres Namens, zieht uns ins Vertrauen, lädt uns ein, uns mit ihr zu verbünden. Wie in seichten Wellen verbinden sich Vergangenheit, Gegenwart und Traum zu einem melancholischen Lebensgefühl (Schnitt und Musik spielen hier eine entscheidende, bemerkenswerte Rolle). Letztlich werden wir verstehen, was die Intellektuelle umtreibt, und dieser Umstand macht Die Zeit, die wir teilen zu einer der Geschichten, die man nach Filmende gut und gerne ein zweites Mal erleben möchte.

Dass Isabelle Huppert zur Güte einer solchen Arbeit beiträgt, ist wenig überraschend. Bemerkenswerter ist das schauspielerische Gefälle zwischen ihr und Theaterstar Lars Eidinger, der, wie mir schien, eine jede seiner Szenen mit brachialen Mitteln zu dominieren versucht. Gottlob nimmt der Film daran in seiner Gesamtheit keinen nennenswerten Schaden.

Die Intro- und Retrospektive einer starken Frau, die just eine Verunsicherung erlebte, wirkungsvoll wie der Besuch in einer alten Gemäldegalerie: aufwühlend im Stillen. Wunderbar!

cnm


Auch interessant: EINE ANDERE FRAU, USA 1988, R.: Woody Allen

 

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