MITTAGSSTUNDE

MITTAGSSTUNDE ★★★★★☆

Filmstart: 22.09.2022 | FSK 12

Charly Hübner | ⓒ Majestic / Christine Schroeder

 
Deutschland 2022

Genre: Spielfilm
Länge: gut 90 Min.

Regie: Lars Jessen
Buch: Catharina Junk

Nach: Dörte Hansen

Cast: Charly Hübner, Peter Franke, Hildegard Schmahl, Rainer Bock, Gabriela Maria Schmeide, Gro Swantje Kohlhof, Lennard Conrad, Julika Jenkins, Nicki von Tempelhoff, Jan Georg Schütte
Kamera: Kristian Leschner
Schnitt: Sebastian Thümler
Musik: Jakob Ilja

Ingwer ist Ende 40, als er sich entschließt, sich um die alten Eltern zu kümmern. Er nimmt sich ein Sabbatjahr als Dozent an der Kieler Uni und macht sich auf den Weg in das Dorf Brinkebüll, wo die beiden leben. Seiner Wohngemeinschaft kommt dieser plötzliche Entschluss eigenartig vor, gab es doch keinerlei Anzeichen für Ingwers Verschwinden. Der Vater ist ein stummer Sturkopf und die Mutter schon ziemlich dement. Ingwer muss sich neu einfinden in diese Welt, die er vor langer Zeit verließ und die sich in all den Jahren mächtig geändert hat: die Straßen leer, die Störche weg, die Natur "bereinigt"... das Dorf, so scheint es, liegt im Sterben. Während sich Eltern und Junge miteinander arrangieren - wirklich willkommen scheint er hier nicht zu sein -, werden bei ihm Erinnerungen wach und gleichzeitig die dringende Frage, ob sein Leben in Zukunft so weiter laufen soll wie bisher. Verfilmung des Erfolgsromans von Dörte Hansen.

Meines Ermessens hat dieser Film literarische Qualität. Hier ist nichts unnötig dramatisiert, die Intro- und Retrospektive des verlorenen Erwachsenen erzählt sich wie traumwandlerisch, innere Prozesse sind zu ahnen, sie werden uns nicht aufgezwungen. Die ganze Art des Films ist geprägt von leiser Melancholie, Wehmut und glimmender Liebe: zu denen, die (noch) sind, zu dem, was einmal war.

Solche fein gezeichneten Geschichten gibt es alle Jubeljahre und sind ein Glücksfall fürs Kino. Und Charly Hübner beweist sich (neben dem auch sonst elitären Cast) einmal mehr als Schauspieler mit Gespür fürs Wesentliche.

Absolute Empfehlung.

cnm

Die Bewertung ist rein emotional. Das Gefühl ist hängen geblieben nach einer Pressevorführung an einem der sehr heißen Sommertage, als mein Gehirn schon nicht mehr wollte und ich keine Notizen gemacht habe. Ich werde schauen, dass ich den Film noch einmal genieße - und dann den Text ggf. ausbauen / präzisieren.