THE MOST BEAUTIFUL BOY IN THE WORLD

THE MOST BEAUTIFUL BOY IN THE WORLD ☆☆
Originaltitel: Världens vackraste pojke | im Kino: 29.12.2022 | FSK 0
Björn Andrésen am Filmset | © MissingFilms



Schweden 2020
Genre: Dokumentarfilm
Länge: gut 90 Min.
Regie: Kristina Lindström, Kristian Petri
Mit: Björn Andrésen, ihm nah Stehende, filmhistorische Persönlichkeiten wie Visconti
Kamera: Erik Vallsten
Schnitt: Hanna Lejonqvist, Dino Jonsäter
Musik: Anna von Hausswolff, Filip Leyman

Im Jahr 1970 reiste der offen schwule Starregisseur Luchino Visconti quer durch Europa, um für seine Verfilmung von Tod in Venedig (von Thomas Mann) den perfekten, anbetungswürdigen Jungen zu finden. Hunderte wurden an ihm vorgestellt, die Wahl fiel auf Björn Andrésen. Der schüchterne Junge wurde überrollt von einer Welle der Aufmerksamkeit, des Starrummels. - Diese Dokumentation zeigt Castingaufnahmen und etliche Archiv-Sequenzen. Im Zentrum aber steht der heutige Andrésen mit Mitte 60 - groß und schmal, lange weiße Haare, still und nachdenklich, zermürbt, gebrochen. Schwere Verluste, offene, quälende Fragen scheinen den Mann in eine Art Wach-Trance versetzt zu haben. Wir erleben ihn in seinem privaten Chaos und ganz intim mit persönlichen Vertrauten und Verwandten.

Klar wird: der Voyeurismus, die Ausbeutung, die enorme Macht über unschuldige Seelen in der Filmindustrie ist monströs. Der Übergang einer solchen Ausbeutung in die Prostitution ist gleichsam fließend. Im vorliegenden Beispiel werfen wir einen ungeschönten, dennoch ästhetischen oder ästhetisierten Blick auf den, aus dem einst von der ganzen Welt begehrten Beau gemacht wurde: heute ein Verlorener, ätherisch, fast durchscheinend, immer noch schön, in sich gekehrt, wie im Verschwinden begriffen. Man braucht Geduld für diesen Film, in dem es über weite Strecken um nichts zu gehen scheint. Letztlich aber geht es um alles, nämlich um die (Suche nach den) Wurzeln der eigenen Existenz.

Schwebend-morbide wie auch künstlerisch anspruchsvolle Annäherung an einen, der im Scheinwerferlicht der Filmindustrie stand wie im Zentrum eines Tornados. Eine Doku, die sehr nachdenklich stimmt.

cnm

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