IM HERZEN JUNG

Solange wir die gleiche Luft atmen...
IM HERZEN JUNG
 
★★★★★
Originaltitel: Les jeunes amants | Filmstart: 03.08.2023 | FSK 12
Fanny Ardant, Melvil Poupaud | © Alamode Film



Frankreich, Belgien 2021
Genre: Liebesfilm, Drama
Länge: gut 110 Min.
Regie: Carine Tardieu
Buch: Agnès de Sacy, Carine Tardieu, Sólveig Anspach
Cast: Fanny Ardant, Melvil Poupaud, Cécile de France, Florence Loiret-Caille, Sharif Andoura, Sarah Henochsberg, Martin Laurent, Olenka Ilunga, Manda Touré, Julia Gómez
Kamera: Elin Kirschfink
Schnitt: Christel Dewynter
Musik: Eric Slabiak

Shauna und Pierre begegnen sich zum ersten Mal nur kurz im Krankenhaus, als sie ihre sterbende Freundin begleitet und er als behandelnder Arzt der erschütterten Frau etwas Trost und Ablenkung gibt, in einem verlassenen Ruheraum. Fünfzehn Jahre später sollen sie sich durch einen Zufall wieder begegnen; er erkennt sie sofort wieder, sie braucht einen Moment. In der Zwischenzeit ist Pierre erfolgreicher Onkologe, hat Frau und zwei Kinder - und Shauna ihren Frieden gemacht mit einem Leben ohne Begehren und Romantik. Sie ist jetzt Anfang 70, er Ende 40. Sofort springt ein namenloser Funke über. Die Anziehung ist magisch und unerklärlich, wie es wohl nur wenigen gegönnt ist. Und die Umstände... gegen jede Vernunft.

Dem gesamten Team, allen voran Fanny Ardant, ist hier eine Arbeit gelungen, die sich unweigerlich ins Gedächtnis gräbt und dort noch lange bleiben wird. Jenseits abgedroschener Klischees fataler Begierden erleben wir in Shauna eine Frau, die das, was ihr widerfährt, eigentlich abwehrt und ausblenden möchte. Die sich längst darauf verlegt hat, der Welt zurückhaltend, freundlich und hilfsbereit zu begegnen, ohne auch nur das Geringste von ihr zu erwarten. Denn ihre Selbstzweifel sind groß. - Ardant spielt das mit einer Zerbrechlichkeit, die ihre physische Schönheit über jeden Zweifel hinaus potenziert. Die Figur Pierre dagegen treibt voran, zweifelt nicht, ist selbst von seinen Gefühlen überwältigt bis zur Ohnmacht.

Es hat lange keinen Film mehr gegeben, der eine so absolute Liebeserklärung an das Glück und den Schmerz, den Liebe bedeuten kann, bedeutet. Absolute Empfehlung!

cnm  


Ein Ausschnitt aus einem Interview mit der Regisseurin Carine Tardieu schildert die Umstände vor Beginn des Projekts und scheint mir so faszinierend und relevant, dass ich ihn hier anfüge:

Frage: IM HERZEN JUNG sollte ursprünglich von Sólveig Anspach verfilmt werden. Sie übernahmen das Projekt nach ihrem Tod. Wie kam es dazu? Hat Ihnen das zu schaffen gemacht?

Tardieu: Damals fand ich es beinahe unerträglich. Ich wich förmlich zurück vor dieser Idee, aber dann ließ ich mich überreden, das Drehbuch zu lesen. Ich wurde von meinen Emotionen überwältigt, denn durch diese Geschichte evozierte Sólveig ohne jeden Zweifel ihren eigenen Tod. (...) Bevor ich mit dieser Arbeit beginnen konnte, musste ich allerdings noch etwas erledigen: Sólveig hatte eine zu diesem Zeitpunkt 20jährige Tochter, Clara. Mir war absolut bewusst, dass die Vorstellung, jemand anderes könne diese Geschichte übernehmen, schwierig wenn nicht gar schmerzhaft sein musste. Clara, Agnès und ich trafen uns (und Sólveig war im Geiste ebenfalls anwesend), und es war sehr bewegend.  (...) Ich bat sie nicht nur um ihre Zustimmung, sondern auch um ihr Vertrauen. Sie erinnerte sich, dass ihre Mutter eine hohe Meinung von mir gehabt hatte. Sie hatte meine Filme gesehen und gemocht, also gab sie ihre Einwilligung. Danach fühlte ich mich ungemein befreit.

(Auszug aus dem Presseheft)

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