L'IMMENSITA - MEINE FANTASTISCHE MUTTER

L'IMMENSITÀ - MEINE FANTASTISCHE MUTTER ★★★★★½
Originaltitel: L'Immensità | Filmstart: 27.07.2023 | FSK 12
Im Leben unterdrückt, in der Fantasie ein Star |  Penelope Cruz | © Prokino Filmverleih GmbH



Italien, Frankreich 2022
Genre: Drama, LGBTQI+, Zeitgemälde
Länge: 94 Min.
Regie: Emanuele Crialese
Buch: Emanuele Crialese, Francesca Manieri, Vittorio Morani
Cast: Penélope Cruz, Vincenzo Amato, Luana Giuliani, Patrizio Francioni, Maria Chiara Goretti, Penelope Nieto Conti, Alvia Reale, India Santella
Kamera: Gergely Pohárnok
Schnitt: Clelio Benevento
Musik: Rauelsson

Rom in den 1970ern. Am Rand der Stadt bezieht die Familie Borghetti - Vater, Mutter und drei Kinder - eine Wohnung. Alles hat seine Ordnung: Wohnung schön, Kinder gesund, die bildschöne Mutter ein Ausbund an Lebenslust und der Mann bringt das Geld nach Hause. Hinter der Spießerfassade sieht es allerdings ganz anders aus. Lebensträume werden unterdrückt, Freiheit beschnitten, Authentisches hat sich der Norm anzupassen. So ist die Mutter schon lange nicht mehr glücklich: der Mann betrügt sie und ist zuhause ein liebloser Choleriker, sie bindet sich zum Ausgleich umso stärker an die Kids (was in der Nachbarschaft skeptisch beäugt wird), das älteste Kind - getauft auf den Namen Adriana - gibt sich allen neuen Bekannt- und Freundschaften als der Junge aus, als der sie sich fühlt. Keine falsche Fassade hält ewig, und so begibt sich die Mutter eines schönen Tages in die Nervenklinik.

In seinem persönlichsten weil autobiografisch geprägten Film schlägt Regisseur und Autor Crialese einen gelungenen Bogen zwischen damals und heute. Bestimmte Dinge ändern sich eben nur sehr langsam. Im spannenden Wechselspiel aus Unbekümmertheit und Verzweiflung erleben wir eine prototypische Konstellation jener Zeit (Ich kann mich recht gut an diese Stimmung des schönen Scheins erinnern). Bemerkenswert, dass jene Menschen als Problemfälle erscheinen, die von ihrem verkorksten Umfeld so lange in die Ecke gedrängt werden, bis sie nervlich am Ende sind.

Ich habe Penélope Cruz lange nicht mehr so brillant spielen sehen, und das ist nicht das einzig Bemerkenswerte an diesem Film. Der gesamte Cast spielt mit ihr auf Augenhöhe, Ausstattung und Kostüm, die gesamte Atmosphäre überzeugen, und die Geschichte wird nicht simpel schwarz gemalt, sondern sprüht regelrecht Funken vor lauter Lebenslust. Einen großen Beitrag hierzu leisten gelegentliche Tagträume der Mutterfigur, in der zu funky Musik getanzt und aus sich herausgegangen wird.

L'Immenstà ist ein glänzend gelungenes Zeitgemälde und ein präziser Blick in patriarchale Strukturen, der leider wenig an Aktualität verloren hat. Großartig!

cnm  

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