THE ZONE OF INTEREST
THE ZONE OF INTEREST ★★★★★★
Filmstart: 29.02.2024 | FSK 12
USA, Großbritannien, Polen 2023
Genre: Drama, Krieg, HistorieLänge: 105 Min.
Regie: Jonathan Glazer
Buch: Jonathan Glazer
Buch: Jonathan Glazer
Nach: Martin Amis (Roman)
Cast: Christian Friedel, Sandra Hüller, Imogen Kogge, Johann Karthaus, Luis Noah Witte, Nele Ahrensmeier, Lilli Falk, Julia Polaczek, Martyna Poznańska u.v.m.
Casting: Simone Bär †
Casting: Simone Bär †
Kamera: Łukasz Żal
Szenenbild: Chris Oddy
Schnitt: Paul Watts
Musik: Mica Levi
Schnitt: Paul Watts
Musik: Mica Levi
In zurückhaltenden Bildern und unaufgeregtem Tonfall zeigt uns Jonathan Glazer die Welt der Familie Höß, die sich im Nazideutschland ein komfortables Leben mit Kindern, Villa und Gartenanlage eingerichtet hat - direkt neben dem Vernichtungslager Auschwitz, für das Rudolf Höß federführend verantwortlich war. Hier wird Kaffee getrunken, Geburtstag gefeiert, Familie und Gäste empfangen.
Angrenzend zu dieser kalten Idylle, hinter den hohen Mauern des Konzentrationslagers, werden millionenfach Jüdinnen und Juden systematisch gemordet. Von dort gelangen konstant und halblaut die spezifischen Geräusche von loderndem Feuer, diffus rufenden Menschen und - natürlich - Schüssen herüber. Immer noch leise genug, um sie auszublenden, was den ProtagonistInnen des Films augenscheinlich keine Probleme bereitet. Als der Familienvater erfährt, dass er versetzt werden soll, reagiert seine Frau Hedwig ungehalten: um keinen Preis will sie ihr privilegiertes Leben in der Villa aufgeben.
Glazers Konzept und Absicht war es, das Grauen des Holocausts nicht mit den "üblichen" filmischen und dramaturgischen Mitteln darzustellen; er wollte vielmehr "trockene Augen" im Publikum statt kalkulierter Tränen der Rührung. So kommt die Diskrepanz zwischen lässigem und ungestörtem Lebenswandel einerseits und unvorstellbarer, namenloser Grausamkeit andererseits tatsächlich voll zum Tragen.
Das ist der eigentliche Horror des Genozids: die Überheblichkeit, die Ignoranz und Gleichgültigkeit angesichts systematischen Mordens.
Das ist der eigentliche Horror des Genozids: die Überheblichkeit, die Ignoranz und Gleichgültigkeit angesichts systematischen Mordens.
Dass die Arbeit sämtlicher Beteiligten (Regie, Schauspielende, Konzeptkamera, Ton, Kulissen, Location, Casting etc.) fantastisch, weil gründlich überlegt und reflektiert ist, macht das Zwingende dieser Arbeit aus. Hervorheben möchte ich, dass Mica Levi mit ihrem sublim-dunklen Score m.E. den alptraumhaften Charakter des Films genial verstärkt hat.
The Zone of Interest lädt uns aufs Teuflischste zur Identifikation ein, egal, wie sehr wir uns dagegen wehren. Das Morden und die um Hilfe Rufenden bleiben für uns unsichtbar, hinter Mauern, im Vordergrund blüht die Gartenpracht in Nahaufnahme. Die Parallele zur heutigen Realität ist offenkundig: wie leicht ist es, den Fernseher auszuschalten, zu sagen: "ich kann das nicht mehr hören!", oder nicht zur Demo gegen die neuen Rechtsextremen zu gehen, also alles, was sich außerhalb unseres Wohnzimmers abspielt, auszublenden. Mit anderen Worten:
Glazer hat mit seiner aktuellen Arbeit ein entscheidendes und wirksames cinéastisches Unikat zum Phänomen des weltweiten Rechtsrucks geschaffen, ein Mahnmal und zugleich einen Spiegel in Leinwandgröße, den wir aushalten müssen, und von dem wir uns nicht bedenkenlos abwenden können.
cnm
Meiner Meinung nach wäre ein Oscar® in der Kategorie "Bester internationaler Film" ein elementares und extrem wichtiges politisches Signal - und eigentlich alternativlos.
Nachtrag: Ich freue mich, dass der Film erfolgreich war.
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