DIE AMITIÉ

Kennen wir uns?
DIE AMITIÉ
 
★★★★★
Filmstart: 21.03.2024 | FSK t.b.a.
Yann Mbiene | © Kollektiv Amitié



Deutschland 2023
Genre: Drama, Satire, Farce, ...
Länge: 102 Min.
Regie: Kollektiv Amitié
Buch: Kollektiv Amitié
Cast: Sylwia Gola, Yann Mbiene, Walter Hess, Aziz Çapkurt, Christoph Bach, Anna Stieblich, Iwona Nowacka
Kamera: Jörg Gruber
Schnitt: Ute Holl, Peter Ott
Musik: Ted Gaier

Zwei Menschen reisen in einem Bus an: Agnieszka aus Polen, zur Pflege eines älteren Herrn, der langsam in die Demenz abdriftet, und Dieudonné von der Elfenbeinküste, der in einem riesigen Gewächshaus arbeiten wird. Sie sind nicht allein. Heerscharen von freundlichen Pflegekräften kümmern sich um verwirrte Deutsche. Arbeitsmigrant:innen ernten, verpacken und liefern Biogemüse aus. Auf den ersten Blick mag dies wie ein Sklavenhalter-System des 21. Jahrhunderts aussehen. Doch die vermeintlich Subalternen kommunizieren über ein perfektes Netzwerk: Die AMITIÉ. Eine selbstlernende Künstliche Intelligenz, die in der Lage ist, Informationen auszutauschen, Sprachen zu lehren, Migrationsrouten zu vergleichen, Jobs zu vermitteln und Geld zu transferieren. Eine KI, der sich jede:r anschließen, eine virtuelle Realität, in die jede:r eintreten kann. Freundschaft hat Fraternisieren ersetzt. Wäre da nicht der pedantische Polizist, der die Schleuserjagd zu seiner Mission gemacht hat!

Dieser Film entstand in Teamarbeit, und die erklärte Absicht war es, unsere komplexe Wirklichkeit abzubilden mit ihren komplexen wie tragenden Netzwerken von Ausbeutung, psychsozialer Verarmung, Mitgefühl, dem Auslagern von Verantwortlichkeiten, den verschiedenen Arten zu Glauben (an Gott? ans Kapital? An sich selbst?) und der Einbindung einer neuen Instanz: der Künstlichen Intelligenz. In dieser Geschichte dient sie den Ausgebeuteten (Pflegekräften, Biotomaten-Erntehelfern...), sich selbst zu organisieren und zu optimieren.

Es scheint mir wie unmöglich, dieses bewusst überfrachtete Narrativ zur Gänze zu schildern, zu analysieren oder zu durchdringen. In jedem Fall war mir dieser Low-Budget-Film ein Hochgenuss an (gemeinem) Tiefblick, erzählerischer Anarchie und glaubhafter Empathie. Wenn die Figuren während des Films gelegentlich innehalten und uns Zuschauende starr, schweigend und durchdringend ansehen, scheinen sie zu fragen: kennst du mich? Siehst du mich wirklich?

Die Amitié ist eine der klügsten, stilistisch freiesten und inhaltlich relevantesten Produktionen, die ich in langer Zeit gesehen habe, und ich hoffe sehr, dass weitere Arbeiten vom Kollektiv Amitié folgen werden.

cnm 

Zitat aus dem Presseheft:
"Wenn Sie diese Geschichte für eine Tragödie oder für eine Komödie oder sogar für eine Utopie halten, bitten wir Sie, darüber nachzudenken, warum sie es für tragisch, komisch oder utopisch halten".


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