BAD DIRECTOR ★★★★½☆
Filmstart: 09.05.2024 | FSK 16
|
Oliver Masucci | © Nachtlicht Film, 2023 |
Deutschland 2023
Genre: SatireLänge: 130 Min.
Regie: Oskar Roehler
Buch: Oskar Roehler
(nach seinem Roman "Selbstverfickung")
Casting: Cassandra Han
Cast: Oliver Masucci, Bella Dayne, Anne Ratte-Polle, Elie Kaempfen, Anton Rattinger, Jürgen Tröster, Norbert Ghafouri, Götz Otto u.a.Kamera: Philipp SichlerSchnitt: Peter R. Adam
Musik: Martin TodsharowGregor Samsa, ein Regisseur Ende 50, ist eigentlich in seinen besten Jahren, mit
denen er nur leider nichts mehr anzufangen weiß. Bei ihm greifen Post-Midlife-Crisis und Wohlstandsverwahrlosung um
sich: Samsa frönt dem Hedonismus mit Puffbesuchen, Alkoholkonsum und gelangweilten nächtlichen Touren
durch die Stadt. - Ihm graut vor der Branche, die ihn großgemacht hat.
Den Empfang des Deutschen Filmpreises übersteht er nur lästernd und im Suff, das Schaulaufen seiner
KollegInnen kommentiert er mit bitterbösem Spott. Er verlässt die Party überstürzt und flüchtet sich in ein
Antiquariat. Feenhaft und wunderschön taucht hier Grete auf, die er wenig später ausgerechnet im Bordell wiedertrifft und die er sogleich zu seiner sinnlich-intellektuellen Muse auserwählt.
Am nächsten Tag starten die Dreharbeiten zu seinem neuen Film. Am Set läuft von Anfang an alles schief. Gregor
kollidiert mit den Allüren seiner Hauptdarsteller (die er selbstredend nicht ausstehen kann),
dem Team, das er für unfähig hält, dem eigenmächtigen Regieassistenten und dem selbstgefälligen
Produzenten, den außer seiner Kohle schon lange nichts mehr interessiert. Während ihm in den letzten Stunden
vor der ersten Klappe die Dreharbeiten zu entgleiten drohen und er gänzlich die Nerven verliert, bleibt Gregor nur die Flucht nach vorn: zu Grete, zur Liebe, zum Paradies ... so hat er sich das jedenfalls vorgestellt.
Roehler und Masucci entwerfen mit dieser Farce eine Gestalt wie man sie sich in einem Bild von Otto Dix vorstellen könnte: dekadent, hemmungslos, verlebt, grotesk und unverschämt. Die Karikatur von einem Regisseur! Ähnlich in die Vollen geschlagen hatte zuletzt der Komiker Hape Kerkeling mit seiner Kunstfigur Horst Schlämmer. Jedoch liegt ja in jeder Übertreibung meist auch ein gehöriges Stück Wahrheit. Und die quillt dem Film aus sämtlichen Poren! Vorstellbar, dass ein solcher Film (eine solche Form) viele abstößt; mich hat das köstlich amüsiert, vor allem und nicht zuletzt, weil wir hier eine weitere Facette des begnadeten Oliver Masucci kennenlernen dürfen - der ja schonmal ein Enfant Terrible gab (nämlich R.W. Fassbinder in "Enfant Terrible", D 2020, R.: ebenfalls Roehler). Allein die deutliche Überlänge hätte es m.E. nicht gebraucht; da war der Regisseur wohl allzu sehr ins Material verliebt.
Erfrischend, weil im Kern so wahr, faszinierend, weil formal so krass, ist Bad Director eines der schillerndsten aber auch provokantesten Leinwandvergnügen des Frühsommers.
cnm
Kommentare
Kommentar veröffentlichen