ETERNAL YOU - VOM ENDE DER ENDLICHKEIT

ETERNAL YOU - VOM ENDE DER ENDLICHKEIT ★★★★☆☆
Filmstart: 20.06.2024 | FSK 12 | OmdtU
© beetz brothers filmproduction, WDR 2024



Deutschland, USA 2024

Genre: Dokumentarfilm
Länge: 87 Min.
Regie: Hans Block, Moritz Riesewieck
Buch: Hans Block, Moritz Riesewieck
Kamera: Tom Bergmann, Konrad Waldmann
Schnitt: Anne Jünemann, Lisa Zoe Geretschläger
Musik: Gregor Keienburg, Raffael Seyfried

Seit einigen Jahren wird daran gearbeitet, Trauernden zu helfen, ihre Verluste, ihren Schmerz zu lindern, indem sie Kontakt mit Avataren der Verstorbenen aufnehmen. Daten, die zu Lebzeiten der Betreffenden entstanden sind, fügt KI zusammen und ermöglicht einen mehr oder weniger authentischen Kontakt und Austausch - sei es im Chat, auditiv oder - sogar - audiovisuell im Virtuellen Raum.

Sehr ausgewogen lassen die Dokumentaristen Betroffene zu Wort kommen mit ihren Zweifeln und Hoffnungen, sie begleiten oftmals ganz konkret die emotional aufgeladenen Begegnungen (wie z.B. die einer trauernden Mutter mit ihrer digital  nachgestellten kleinen Tochter über VR, ein Ereignis, das im Netz viral ging). Ebenso kommen skeptische und kritische Stimmen vor, die klar begründet den Nutzen von YOV (so der Name des Projekts; aus dem "Du" wird durch den Buchstaben V das Virtuelle Dseu) in Zweifel ziehen.

Interessant zu beobachten ist, wie das eigene Kind eines der Beteiligten schon zu Lebzeiten "eingefangen" und seine biometrischen Daten für einen Baby-Prototypen zum Einsatz kommen. Einer der Begründer von YOV hat sogar alles investiert, sein Haus verkauft und eine Scheidung in Kauf genommen, um das Projekt weiter voran zu treiben.

Es ist völlig klar, dass dieser Vorstoß die Geister scheiden wird, weil sich die Frage aufdrängt: wollen wir denn Gott spielen und die Grenze zwischen Leben und Tod eigenmächtig verwischen? Oder wollen (und können) wir Trauernden auf diese Weise beim Loslassen tatsächlich helfen, oder ist diese Technik nicht vielmehr ein Instrument der Ausbeutung, weil die Nutzer möglicherweise aufgefordert sind, immer weiter kostenpflichtig mit den Avataren ihrer Verstorbenen in Kontakt zu bleiben? - Ein höchst kontroverser Diskurs!

Mein persönlicher Kommentar:
Alles Lamentieren hilft nichts. Menschen haben schon immer gemacht und durchgesetzt, was Menschen möglich war.  Wichtig ist m.E., dass wir nicht vergessen, es hier mit einer Art psychologischer Krücke zu tun zu haben und nicht mit der Wiederauferstehung Verstorbener. Und dass alle Verantwortlichen an erster Stelle das Wohl der NutzerInnen im Fokus behalten. Vergessen wir nicht, zu Lebzeiten mit unseren Liebsten echte Gespräche zu führen und ungeklärte Fragen und Missverständnisse nicht auf die lange Bank zu schieben. Das könnte in manchen Fällen ebenso hilfreich wie heilsam sein.

Ausgewogene und erfreulich kontroverse Doku über die Aussicht auf virtuellen Kontakt mit Verstorbenen; eine gute erste Orientierungshilfe in Hinblick auf das, was uns bald auf die eine oder andere Weise beschäftigen wird. Sehenswert.

cnm 

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