MEMORY
Länge: 103 Min.
Buch: Michel Franco, Eréndira Núñez Larios, Alex Orlovsky, Duncan Montgomery
Casting: Susan Shopmaker
Kamera: Yves Cape
Schnitt: Oscar Figueroa Jara, Michel Franco
Die New Yorkerin Sylvia ist irritiert: ein fremder Mann läuft ihr nach einem Klassentreffen stumm hinterher und stellt sich vor ihr Haus, schaut nach oben und ist nicht zu vertreiben. Ist sie in Gefahr? Nach einigem Hin und Her stellt sich heraus, dass der eigenbrötlerische Saul unter fortschreitendem Gedächtnisverlust leidet und Fürsorge braucht. Sie stellt den Kontakt zu seiner Familie her, bringt ihn zurück, doch damit war's das nicht: die beiden werden sich wiedersehen und ausloten, ob da etwas ist zwischen ihnen. Ganz im Gegensatz zu Saul, der sich mit dem Vergessen zu arrangieren hat, möchte Sylvia vergessen und kann es nicht, denn sie hat traumatische Erfahrungen im Gepäck.
Seit geraumer Zeit nimmt sich das Kino der Krankheit Alzheimer an, sind doch immer mehr Menschen davon betroffen. Meist ist der Verlauf der Story absehbar und formal bzw. dramaturgisch ähnlich aufgebaut. In Memory jedoch gelingt es Autor und Regisseur Michel Franco, eine wie frei schwebende Neuinterpretation zum Thema Vergessen vorzulegen, in der eine unerklärliche Zuneigung zwischen zwei Fremden vor unseren Augen in einer Weise entsteht, die uns selbst als Publikum zu verwirren vermag. Die Irritation mag dadurch entstehen, dass die Erzähform nüchtern ist (praktisch keine Musik kommt zum Einsatz, die Kamera bleibt meist in der Totalen, die Handlung wirkt auf den ersten Blick recht unspektakulär) und die Motive der beiden nicht leicht zu erkennen sind. Doch wenn es gelingt, sich auf den Film einzulassen, entsteht ein ungewöhnlich poetisches Bild von Liebe, Zuneigung und Wahlfamilie. Chastain und Sarsgaard transportieren das mit einer Selbstverständlichkeit, die preisverdächtig ist.
cnm
Der Film erhielt das Prädikat besonders wertvoll
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