DES TEUFELS BAD

DES TEUFELS BAD ★★★★★★
Start: 14.11.2024 | FSK 16
Anja Plaschg | © Plaion Pictures



Österreich, Deutschland 2024

Genre: Drama, Historie
Länge: 121 Min.
Regie: Veronika Franz, Severin Fiala
Buch: Veronika Franz, Severin Fiala
Casting: Henri Steinmetz
Cast: Anja Plaschg, David Scheid, Maria Hofstätter, Elias Schützenhofer, Lukas Walcher, Franziska Holzer, Elmar Kurz
Kamera: Martin Gschlacht
Schnitt: Michael Palm
Musik: Soap&Skin / Anja Plaschg

Oberösterreich, Mitte des 18. Jahrhunderts: Die tiefreligiöse und hochsensible Agnes heiratet ihren Liebsten, Wolf, einen gestandenen Pragmatiker, der Agnes weder die Freuden der Lust noch eine Mutterschaft bescheren wird - derweil eigene Kinder ihr sehnlichster Wunsch sind. Das wird sie in den darauffolgenden Wochen und Monaten schnell herausfinden. Mit der Schwiegermutter ist es auch kein Leichtes: diese ist herrisch, kalt und bestimmend. In einem Mikrokosmos der Lieblosigkeit krepiert Agnes Tag für Tag seelisch, geht sprichwörtlich vor die Hunde. In jener Zeit, die von Religiosität durchdrungen und bestimmt war, gab es für Depressive nicht einmal den Ausweg des Suizids, denn jene wurden auf den Acker geworfen, denn Gottlosen ward keine Erdbestattung vergönnt. Dieser Film erzählt von der grauenvollen Alternative, die nicht wenige als Ausweg wählten.

Die gefeierten Genre-Spezialisten Veronika Franz und Severin Fiala (Ich seh, ich seh, 2014) präsentieren mit Des Teufels Bad (ein zu der Zeit geläufiger Ausdruck für Melancholie/Depression) ein imposantes Werk über ein bisher unbeleuchtetes Kapitel europäischer Geschichte und zeichnen darüberhinaus ein universelles Bild vom gesellschaftlichen Umgang mit Außenseitern und Tabus.

Das Unheil dräut in diesem atmosphärisch imposanten Film schon ab der ersten Szene, in der wir lernen, dass Frauen zu der Zeit in den Rand die Grenze des Ertragbaren getrieben wurden. Den langsamen psychischen und physischen Abstieg der Hauptfigur Agnes zu verfolgen, bereitet fast schon körperlichen Schmerz und ist in seiner Konsequenz nur schwer auszuhalten. Diese Arbeit zieht uns geschickt mit hinein in das Schicksal der Vernachlässigten, getragen von archaischen Bildern, sensationellen Schauspielleistungen bis in jede noch so kleine Nebenrolle und einer dunklen, akzentuierten Musik (bemerkenswerterweise komponiert von der Hauptdarstellerin), die den Eindruck dieses Alptraums sublim verstärkt.

Des Teufels Bad funktioniert als Drama, als Thriller und - das macht ihn so wertvoll - quasi als Geschichtsstunde, in der wir über einen Sachverhalt lernen, der kaum in den Geschichtsbüchern auftaucht. Ein wertoller, wichtiger und imposanter Film (unterhaltsam fällt hier schwer zu schreiben), den ich nur empfehlen kann - starke Nerven vorausgesetzt.

cnm

Auf der Berlinale wurde Kameramann Martin Gschlacht mit dem Silbernen Bären für eine herausragende künstlerische Leistung geehrt, Des Teufels Bad wurde mit acht Österreichischen Filmpreisen (u.a. Bester Film) und in Köln mit dem Filmpreis NRW ausgezeichnet und geht für Österreich ins Oscar®-Rennen. 

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