BRECHT

- Die Lust, zu denken -
BRECHT
TV-PRODUKTION IN ZWEI TEILEN
Deutschland 2019
Genre: Biografie, Dokumentation, Portrait, Drama, Historie
Länge: 195 Min.
Regie: Heinrich Breloer
Buch: Heinrich Breloer
Darsteller: Tom Schilling, Burghart Klaußner, Adele Neuhauser, Trine Dyrholm, Leonie Benesch, Lou Strenger, Franz Hartwig, Franz Hartwig, Mala Emde u.v.a., sowie Zeitzeugen
Kamera: Gernot Roll
Schnitt: Claudia Wolscht
Musik: Hans-Peter Ströer

"Und der Haifisch, der hat Zähne..." durch die Dreigroschenoper ist Brecht auch heute noch jedem und jeder bekannt. Seine gesellschaftspolitischen Aussagen und Botschaften gelten heute wieder brennend und treffen den Nerv der Zeit. Der Geist des Bühnenautors und Regisseurs war bahnbrechend, schillernd, überzeugend. Denn Brecht richtete sich an den Verstand des Publikums und unterforderte es nicht - er fand eine gänzlich neue Bühnensprache.

Der Zweiteiler "Brecht", in dem es zum einen um den jungen, mittellos aufstrebenden, dann um den späteren Kämpfer, Erfolgsautor und auch um den hinfälligen Brecht geht, nähert sich weniger dem Mythos als vielmehr der Person, dem Menschen mit all seinen Unzulänglichkeiten und betriebsblinden Hybris. Dies beinhaltete vor allem den regelrechten Konsum von Frauen, die ihn umgaben, ihm dienten, ihn liebten, ihn bewunderten oder auch Erbarmen mit ihm hatten. Brecht wusste, und die ihn Umgebenden wussten es ebenso, dass er seine Zeit nicht nur maßgeblich prägen sondern auch in die Geschichte der großen Autoren eingehen würde.

Regisseur Breloer hat für seinen Hybrid aus Spiel- und Dokumentarfilm faszinierende Mittel gefunden, das Werk wie ein organisches Ganzes erscheinen zu lassen und dabei keine Sekunde zu langweilen: er verwebt alte Schwarzweiß-Bilder mit Interviews, mit Spielszenen in einer Art, dass es bald schon gar keine Rolle mehr spielt, auf welcher Ebene man sich gerade befindet. Das geht sogar so weit, dass man Schauspieler im Interview sieht, als wären sie die Zeitzeugen, oder als reagiere ein echter Zeitzeuge auf den nachgespielten Brecht oder würde gar mit ihm im Dialog stehen. Das ist brillant, faszinierend, zwingend. Brecht wird auf kein Podest gehoben, sondern als unergründlicher, divers besessener, leidenschaftlicher Charakter portraitiert.

Möglich wird dies alles durch die fantastischen Zusammenarbeit der Kreativen: Schnitt (wie gesagt) und Musik (immer den richtigen Ton treffend, nicht überladen), dem gesamten Buch, den bis in die Nebenrollen authentisch gespielten "Figuren" (Tom Schilling ist sensationell leicht in seinem Spiel, fast schon eine Nasenlänge dem Großmeister Klaußner voraus; Neuhauser kann man spätestens hier als brillante Schauspielerin entdecken usw. usf.), lichtsetzende Kamera, Ausstattung... sie machen "Brecht" zu einem Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen darf.

Zweiteiliges TV-Epos über Brechts Leben und künstlerisch-politisches Wirken, nah auch an der Privatperson und faszinierend dicht gestrickt. Unbedingte Empfehlung.

cnm

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