EXIL

- "Gerede halt..." -
EXIL
Kinostart: 20. August 2020
Misel Maticevic (3.v.l.)
Deutschland, Belgien, Kosovo 2020
Genre: Drama
Länge: 120 Min.
Regie: Visar Morina
Buch: Visar Morina
Darsteller: Misel Maticevic, Sandra Hüller, Rainer Bock u.a.
Kamera: Matteo Cocco
Schnitt: Hansjörg Weißbrich, Laura Lauzemis, Visar Morina
Musik: Benedikt Schiefer

Ein schöner Tag, alles ist ruhig und friedlich, die Sonne scheint. Eine tote Ratte hängt am Gartentor.
Xhafer, berufstätiger Pharmaingenieur hat eine Rattenphobie, und seine KollegInnen wissen davon. Nur eine kleine Gemeinheit, ein Streich? Wichtige mails werden nicht an ihn weitergeleitet, oder sie gehen verloren, sodass Xhafer verspätet zu innerbetrieblichen Besprechungen erscheint. Ein Versehen? Nur ein Zufall? Oder ist das schon Mobbing?
Xhafer kommt aus dem Kosovo und ist mit der Deutschen Nora verheiratet, zusammen haben sie Kinder und leben vollkommen integriert - so hat es den Anschein - in einem kleinen Vorort. Doch die Idylle funktioniert für ihn nicht: der engagierte Mann, der im Job alles gibt und wenig Unkorrektheit durchgehen lässt, fühlt sich verfolgt, xenophob belästigt. Seine Frau sieht das anders, sie will den Ball flach halten, kein Aufsehen erregen und sich der Paranoia ihres Gatten nicht anschließen. Ihre Theorie: entweder bilder er sich das alles nur ein, oder jemand mag ihn einfach nur nicht. Was passiert hier wirklich?

Regisseur Morina bedient sich gekonnt ungewohnter und raffinierter filmischer Stilmittel, um eine höchst beklemmende Atmosphäre zu erschaffen: sparsam-perkussive Musik (die wach hält), klar gebaute Bilder und ein ruhiger, effizienter Schnitt (die Objektivität suggerieren), viele Szenen in engen Räumen, in welche nur wenig Licht dringt (als fehlte die Luft zum Atmen). Perfekt besetzt, geschrieben, geführt, fällt es bei dieser Geschichte nicht nur leicht, sich voll mit dem Gequälten zu identifizieren, sondern auch, sich von ihm zu distanzieren, ihn unsympathisch zu finden, ja, ihn beinahe abzulehnen! Damit entsteht eine so pervers gute Mischung unterschiedlicher Perspektiven, Empfindungen und Gedanken, dass der erlebte Alptraum unweigerlich hautnah spürbar wird. Einfache Antworten bietet Exil nicht, aber er bietet Antworten, und die sind verblüffend klug und haben tatsächlich einen Mehrwert, der ziemlich lange nachwirkt.

Ein Film wie ein Alptraum zu einem zeitlos aktuellen Thema: Mobbing. Selten wurde es so kunstvoll, so nachdenklich und zugleich differenziert angegangen. Sehenswert!

cnm

Alltagsidyll mit dem Protagonisten

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