DER MAURETANIER

DER MAURETANIER
Originaltitel: The Mauritanian | Kinostart: 10.06.2021 | FSK 12
Tahar Rahim


Großbritannien, USA 2021
Genre: Drama, wahre Geschichte
Länge: 130 Min.
Regie: Kevin Macdonald
Buch: Rory Haines, Sohrab Noshirvani, Michael Bronner
Basierend auf: Mohamedou Ould Slahi 
Darsteller: Tahar Rahim, Jodie Foster, Shailene Woodley, Benedict Cumberbatch, Baya Belal u.a.
Kamera: Alwin H. Küchler
Schnitt: Justine Wright
Musik: Tom Hodges

Eigentlich ist es ein entspannter und fröhlicher Abend für Mohamedou Ould Slahi und seine Familie, eine Feier ist in vollem Gange - als US-Miliätrs die Szene betreten und den jungen Mann festnehmen und abführen. Die Festnahme erfolgt auf Befehl der Regierung und das im Nachgang der Terroranschläge vom 11. September 2001. Dem jungen Mann gelingt es noch im letzten Moment, die Kontakte in seinem Mobiltelefon zu löschen, da er das Schlimmste befürchtet. Seiner Mutter verspricht er, man werde sich bald wiedersehen.

In den folgenden Jahren wird er auf Guantanamo festgehalten und brutal gefoltert, damit er ein Geständnis ablegt, den Anschlag mit initiiert zu haben. Aber er ist nicht bereit zu lügen für seine Freilassung. Zu seiner Überraschung stellt sich eines Tages die Anwältin Nancy Hollander vor, die mit kleinem Gefolge und pro bono seinen Fall übernehmen möchte. Sie selbst ist gar nicht so überzeugt von der Unschuld des Mandanten, aber sie ist leidenschaftliche Verfechterin des Rechtsstaatsprinzips, in dem jede und jeder einen fairen Prozess verdient hat. Nach ersten Zweifeln lässt sich Slahi auf die Zusammenarbeit ein. Das wird erwartungsgemäß kein leichtes Spiel, denn der Widerstand von Staatsseite ist gewaltig.

Dieses Biopic wurde realisiert nach dem Buch des Inhaftierten, den "Guantanamo Tagebüchern".
Man bedenke: Guantanamo ist ein realer Ort mit realen Häftlingen, in dem immer noch 40 Menschen auf einen fairen Prozess und ihre Freilassung warten. (Verleih info)

Nicht so sehr ist dies ein Thriller oder spannende Unterhaltung, das würde dem Projekt nicht gerecht werden. Der Mauretanier ist vielmehr ein relevantes Zeitdokument mit ernüchternden Details zum Umgang der US-Regierung mit "Recht und Ordnung" und komplettiert damit das Bild von Willkür und brutalem Rassismus, das jüngst im Zusammenhang mit dem zu Tode gekommenen George Floyd (2020) wieder große Aufmerksamkeit erregte. Auch, wenn die Fakten bekannt sind, ist es erschütternd, konkret zu sehen, wie welch massiver Arroganz und Ignoranz von Regierungsseite vorgegangen wird. Cinéastisch ist der Film - und das ist natürlich wichtig für die Vermarktbarkeit - lupenrein umgesetzt, effektiv musikalisch untermalt und starbesetzt mit Feuer gespielt.

Meines Erachtens hätte es jedoch die 130 Minuten Spieldauer nicht gebraucht. Das meine ich, weil ein solcher Film doch gerade ein jüngeres Publikum erreichen sollte, um Meinungsbildung, die eigene Haltung, Kritikfähigkeit zu unterstützen. Und da die Aufmerksamkeitsspanne des jüngeren Publikums immer geringer ausfällt, wäre ein ökonomischerer Schnitt des Films womöglich eine gute Alternative gewesen.

Brandaktuelle Geschichte, relevantes Biopic, sehr gut gemacht und gerade für das jüngere Publikum zu empfehlen. Kürzer wäre der Film m.E. wirkungsvoller geraten.

cnm
 
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