AUF DER ADAMANT

AUF DER ADAMANT ★★★☆☆
Originaltitel: Sur l'Adamant | Filmstart: 14.09.2023 | FSK 0
© Grandfilm



Frankreich, Japan 2023

Genre: Dokumentarfilm
Länge: 110 Min.
Regie: Nicolas Philibert, Linda de Zitter
Mit: PatientInnen und therapeutischem Personal der Adamant-Tagesklinik
Kamera: Nicolas Philibert
Schnitt: Nicolas Philibert

Auf der Seine liegt ein pittoreskes Schiff mit Holzverkleidung, das seit 2010 als Tagesklinik für PatientInnen aus den ersten vier Pariser Bezirken mit psychischer Einschränkung / Erkrankung dient. Sie kommen täglich her, finden Ruhe, Austausch, Kontakt, Kreativität. Seinem Stil treu (ich denke da an Sein Und Haben aus dem Jahr 2002, in dem der Filmemacher eine Schulklasse und ihren einzigen Lehrer im ländlichen Frankreich begleitete), nimmt Philibert scheinbar keinen Einfluss aufs Geschen: er richtet die Kamera auf Patienten, Gruppen, Gespräche, Aktivitäten, ohne je zu kommentieren oder auch nur eine einzige Frage zu stellen.

Zu Beginn fiel es mir schwer, diese Eindrücke gelassen aufzunehmen, da mir die Machart wie ein Besuch im Zoo vorkam, wenn zB ein Patient einfach nur da sitzt, nicht spricht und auch keinen Anreiz erhält zum Sprechen. Im Augenblick - der Eindruck ist noch frisch - empfinde ich diese Form als ein recht bedenkliches Ausstellen der Porträtierten.

Im weiteren Verlauf der Doku ergeben sich dann allerdings O-Töne, die einen wertvollen Einblick in die Denk- und Empfindungswelt der oft von der Gesellschaft (noch schlimmer: von der Familie) abgeschnittenen Patienten gewähren. Die Nicht-Wertung und Nicht-Einordnung all dessen kann als Schwäche oder Standpunktlosigkeit des Regisseurs ausgelegt werden - andererseits überlässt er damit den Zuschauenden jedwede Interpretation, was ja eigentlich eine interessante Herausforderung des Publikums darstellt.

Mein ganz persönlicher Standpunkt: die Unterscheidung zwischen "Bekloppten" und "Gesunden" führt m.E. nicht weit bzw. nirgendwohin, denn wenn wir ehrlich sind, sind die meisten von uns psychisch mehr oder weniger gestört, doch die meisten haben schlicht ausreichend Disziplin, Diplomatie und Pragmatismus, dies zu verbergen, damit sie Geld generieren können.

cnm
 

Der Film erhielt den Goldenen Bär auf den 73. Filmfestspielen Berlin

Ich möchte Auf der Adamant gern in Zusammenhang stellen mit der Doku Der Marktgerechte Mensch (2020), in dem von o.g. erzwungener Disziplin erzählt wird.
Die beiden Filme müssten ein aufschlussreiches Duo ergeben.

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