DER BUCHSPAZIERER

DER BUCHSPAZIERER ★★★☆☆☆
Filmstart: 10.10.2024 | FSK 6
Christoph Maria Herbst, Yuna Bennett | © StudioCanal/Bernd Spauke



Deutschland 2024
Genre: Spielfilm, Romanverfilmung
Länge: 98 Min.
Regie: Ngo The Chau
Buch: Andi Rogenhagen
Nach: Carsten Henn (Roman)
Casting: Iris Baumüller
Cast: Christoph Maria Herbst, Yuna Bennett, Ronald Zehrfeld, Edin Hasanovic, Maren Kroymann, Tristan Seith, Hanna Hilsdorf, Nikola Kastner
Kamera: Ngo The Chau
Schnitt: Felix Schekauski
Musik: Marvin Miller, Sebastian Fillenberg

Tag für Tag steht Carl Kollhoff im Hinterzimmer eines Buchladens und schlägt sorgfältig Bücher in Papier ein, um die ausgesuchten Werke höchstpersönlich den Stammkunden in seiner Stadt zu überreichen. Bücher sind das größte Glück des wortkargen älteren Mannes, der ansonsten jeglichen Kontakt zu anderen Menschen scheut. Auf einem seiner Rundgänge heftet sich die neunjährige Schascha an seine Fersen. Da sich ein Abwimmeln dauerhaft als erfolglos erweist, lässt sich Carl auf das Mädchen ein, das ihn fortan auf seinen Botengängen begleitet und ihn den „Buchspazierer“ nennt. Schnell gewinnt Schascha auch die Herzen von Carls Stammkunden und wirbelt nicht nur deren Leben gehörig durcheinander, sondern bringt auch Carl dazu, aus seine Scheuklappen abzulegen. 

Ein Film für jung und alt, der den Zauber des Analogen feiert, der an den magischen Geruch eines Buches beim Durchblättern erinnert und der das Lese-Erlebnis an sich ins Zentrum stellt: das ist vielversprechend!

Leider ist aus dieser Grundidee, die dem Bestseller von Carsten Henn folgt, nicht nur ein märchenhafter, sondern ein unnötig zuckriger Schmonz geworden, durch den beispielsweise C. M. Herbst hindurchwatschelt wie eine Ente, offenbar, weil das irgendjemand für pittoresk und liebenswert erachtete. In dem sämtliche Figuren auf naive Sterotype reduziert werden, in dem Lesende quasi per se zu kauzigen, einsamen und nochnotunglücklichen Karikaturen verkümmern, welche selbstredend unbedingt gerettet werden müssen, indem man aus ihnen eine Art Zwangsgemeinschaft macht. Das hat gewisse Parallelen zu "Die fabelhafte Welt der Amélie" (F, D 2001, R.: Jean-Pierre Jeunet), nicht nur visuell, sondern auch mit dem unnötig verklärenden Narrativ, dass die, die permanent andere zu retten suchen, vor allem selbst gerettet werden müssen (hier: der kauzige Buchspazierer).

Dass der Film auch zauberhaft hätte sein können ohne verkitschte Überhöhung, beweist das Spiel der Yuna Bennett (2. Hauptfigur, das Mädchen), die ihre Rolle nuanciert, realistisch und beeindruckend transparent interpretiert und sämtlichen Erwachsenen in diesem Ensemble zeigt, dass man Kinder auch ernst nehmen kann. Dafür kann man ihr nur dankbar sein; dieses Mädchen besitzt wirklich ein vielversprechendes Talent. Immerhin sie wäre hier als Pluspunkt anzuerkennen.

Weitgehend mit den üblichen Verdächtigen besetzte*, sinnlos übersüßte Buchverfilmung über den Wert des Lesens und der Bücher, die unter Garantie großen Zuspruch finden wird. Eigentlich ein klassischer Weihnachtsfilm...

cnm 

Carsten Henns Bestseller „Der Buchspazierer“ basiert auf einem realen Vorbild. Es gibt tatsächlich einen „Buchspazierer“, der mit einem großen Rucksack durch die Stadt geht, um die bestellten Bücher persönlich den Kunden zu übergeben. Diesen Service bietet die Buchhandlung Backhaus in Aachen, die in diesem Jahr 50-jähriges Jubiläum feiert. Das Buchhaus versteht sich als ein kultureller Ort, an dem es nicht nur darum geht, wie viele Bücher über den Ladentisch verkauft werden, sondern auch darum, die lokale Lesekultur zu fördern. Für ihr großes Engagement ist die Buchhandlung Backhaus bereits viermal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet worden. - info des Verleihs

*Hier mal zwei namentliche Alternativen zur Besetzung, denn Leute wie Herbst und Zehrfeld haben eh schon volle Kassen:
Buchspazierer: Matthias Egersdörfer. Vater des Mädchens: Sebastian Hülk.


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