BOLERO ★★★★★☆
Start: 06.03.2025 | FSK 6
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Raphaël Personnaz | © X Verleih - Pascal Chantier
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Frankreich 2023
Genre: BiopicLänge: 121 Min.
Regie: Anne Fontaine
Buch: Anne Fontaine, Claire Barré
Nach: Marcel Marnat (Roman)
Cast: Raphaël Personnaz, Doria Tillier, Jeanne Balibar, Emmanuelle Devos, Vincent Perez, Sophie Guillemin, Anne Alvaro, Alexandre Tharaud, Florence Ben SadounKamera: Christophe Beaucarne A.F.C./S.B.C.Schnitt: Thibaut Damade
Musik Supervision: Guillaume Clément
Paris 1928: Der Komponist Maurice Ravel erhält von der exzentrischen Tänzerin Ida
Rubinstein den Auftrag, die Musik für ihr nächstes Ballett zu komponieren. Sie wünscht
sich etwas Sinnliches und Betörendes. Ravel sieht sich zunächst nicht in der Lage,
etwas zu Papier zu bringen. Er sucht Inspiration in seinem Alltag und taucht tief in sein
Innerstes ein, setzt sich mit den Misserfolgen seiner frühen Jahre, dem Bruch durch
den Ersten Weltkrieg und der unmöglichen Liebe zu seiner Muse Misia Sert
auseinander. Eine scheinbar zufällige Idee - entstanden in einer lauten Fabrikhalle - wird die Grundlage für seinen größten
Erfolg, ein faszinierendes und einzigartiges Werk, das dem Komponisten zu Weltruhm
verhelfen soll: den Bolero.
Fein gesponnen ist dieser kontemplative Film, taucht in einen sensiblen Prozess ein, währenddem ein Musikstück entstanden ist, das heute noch alle 15 Minuten irgendwo auf der Welt gespielt wird. Bis in jede Nebenrolle superb besetzt, inszeniert Anne Fontaine kein vordergründiges Spektakel. Vielmehr macht sie deutlich, dass Ravel ein zartes Blümchen war: wenn er zum Beispiel ins Freudenhaus geht, dann nicht, um mit einer Hure zu schlafen, sondern, damit sie sich einen Seidenhandschuh überziehe und er dem Geräusch lauschen darf. Dann spielt er den Mädchen etwas auf dem Klavier vor. Überhaupt umschwirren den Mann gleich mehrere Frauen, die in ihrem Status immer etwas zwischen Schwester, bester Freundin und Angebeteter (oder auch Anbetender) mitbringen.
In diesem stilsicheren wie mutigen Biopic dürfen auch Momente wirken, in denen gar nicht gesprochen wird, Geräusche und kleinste Beobachtungen ins Innere des Künstlers führen, in seine Wahrnehmung und seine Zerbrechlichkeit. Hier herrscht vor allem eines vor: die Liebe zur Musik, die Liebe zum Menschen. Selbst dann, wenn in späteren Jahren Ravel seiner Sinne beraubt werden soll (was filmisch ähnlich genial gelöst ist wie im Drama The Father).
Womöglich ist Bolero nicht für jeden Geschmack: für manche zu ätherisch und womöglich langweilig - mir ging es nicht so, mich nahm dieses fein gesponnene Sozialgefüge gänzlich mit, bis in eine finale Sequenz, die den Puls noch einmal anzuheben vermag.
Schauspielkino vom Feinsten, im Stillen glamourös. Absolute Empfehlung!
cnm
Nachtrag: Mir ist nicht ganz klar, warum immer öfter eine ziemlich unpassende, weil zu laute Abspannmusik ausgewählt wird. Hierüber würde ich sehr gern einmal mit Editoren sprechen.
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