AUSSERDEM IM JULI 2025
JURASSIC WORLD: DIE WIEDERGEBURT | HOT MILK | ROCK-A-DOODLE - EIN HAHN EROBERT DIE STADT | DIE SCHLÜMPFE - DER GROSSE KINOFILM | ECCE HOMO - DER VERLORENE CARAVAGGIO
Ein heißer Sommer in der spanischen Küstenstadt Almería. Angereist sind Sofia und ihre angeschlagene Mutter Rose. Die beiden sind offensichtlich ein lange eingespieltes Team; die ewig nörgelnde Mutter ist an den Rollstuhl gebunden und verlässt sich voll und ganz auf die Asssistenz der Tochter. Die beiden sind gekommen, den Heiler Gómez aufzusuchen, der sich der Leiden von Rose annehmen soll. - In diesen Tagen begegnet Sofia der rätselhaften, verführerischen Ingrid, einer Reisenden, die sich keine Vorschriften machen lässt und sich nimmt, was sie will. Zwischen den beiden funkt es ordentlich. Und so entsteht eine Spannung zwischen besitzergreifender Mutter, der lebenslustigen Fremden und einer nach Freiheit dürstenden Tochter, eine Spannung, die letztlich eine Zerreißprobe bedeutet.
In ihrem Regiedebüt überzeugt Rebecca Lenkiewicz mit der Kunst, alles Wichtige zwischen den Zeilen zu belassen und uns damit die Deutungshoheit des Geschehens zuzutrauen. Ihre präzise Inszenierung in durchweg überzeugenden Bildern, unterlegt mit ätherischer Musik setzt uns gekonnt dieser schrägen, beklemmenden ménage-á-trois aus. Streckenweise schien mir die Erzählstruktur allerdings allzu lose, so dass ich gelegentlich das Interesse an den Figuren (vor allem der monoton mäkelnden Mutter, wenn auch brillant gespielt) verlor.
Über allem steht die Frage: woher kommt dein (körperlicher oder geistiger) Schmerz, und wer willst du angesichts dessen eigentlich sein? - Und die genannten Spannungen gipfeln in ein ausgesprochen mutiges, starkes und konsequentes Ende, eines, das man so kaum je gesehen hat. Dennoch bleibt mein Gesamteindruck ambivalent.
17. Juli
EIN HAHN EROBERT DIE STADT
OT: Rock-A-Doodle
Animation, Kinder, Familie | Irland, GB, USA 1991
Wiederaufführung
R.: Don Bluth | B.: David N. Weiss
Verleih: Der Filmverleih | 74 Min. | FSK 6
„Rock-a-Doodle“ erzählt die Geschichte des Hahns Chanticleer, der glaubt, mit seinem morgendlichen Krähen die Sonne aufgehen zu lassen. Als er eines Tages daran gehindert wird und die Sonne trotzdem aufgeht, verlässt er beschämt den Bauernhof und macht als Rockstar Karriere in der Großstadt. Doch ohne ihn versinkt der Hof in ewiger Dunkelheit. Der kleine Junge Edmond, der durch einen Zauber in eine Katze verwandelt wurde, macht sich gemeinsam mit tierischen Freunden auf die abenteuerliche Reise, um Chanticleer zurückzuholen – und das Licht wieder auf die Welt zu bringen. (Verleih-info)
Dieses von Fantasie und Anarchie geprägte Kinder-Abenteuer, ein Mix aus Real- und Zeichentrick-Elementen, atmet Geschichte. Don Bluth, der jahrelang Zwischenphasen-Zeichner für Disney war und sich irgendwann von den Studios emanzipierte, wollte freiere, komplexere Geschichten kreieren; ihm war das Vorgehen von Disney zu formelhaft geworden. Bluths' Studio verdanken wir also Filme wie Feivel, der Mauswanderer (1986) oder In einem Land vor unserer Zeit (1988). Auf lange Sicht jedoch blieb ihm der kommerzielle Erfolg verwehrt.
Formal erinnert hier alles an die frühen Klassiker aus dem Hause Disney, teils auch, weil Bluth selbst daran beteiligt war. Die wundervollen Farbwelten und beseelten Figuren wie auch die frühe Kombi aus Real und Trick lassen mich an Filme wie Mary Poppins (1964), Die Hexe und der Zauberer (1963), Elliot das Schmunzelmonster (1977), Bernard und Bianca (1977), Aristocats (1970), Robin Hood (1973) denken. An die überbordende Fantasie und Anarchie dieses jetzt wiederaufgeführten Films kommen sie jedoch alle nicht heran, sind linearer und deutlich braver.
Das pure Chaos in Rock-A-Doodle könnte einen leicht überfordern, wirkt, als hätten sich die Kreativen beim Erarbeiten den einen oder anderen Joint reingepfiffen. Allerdings ist er - da eher unter den Radar gefallen - ein besonders liebenswertes und inzwischen seltenes Exemplar der so gut wie ausgestorbenen Kunst handgezeichneter Trickfilme, und somit für Liebhaber ein absolutes Muss - und kann jetzt nochmal auf großer Leinwand nachgeholt werden!
17. Juli
DIE SCHLÜMPFE:DER GROSSE KINOFILM
OT: Smurfs
Animation, Kinder, Familie | USA 2025
R.: Chris Miller (LX) | B.: Pam Brady
Verleih: Paramount | 92 Min. | FSK 0
Ich bin hin- und hergerissen. Als erstes fielen mir die Schlümpfe in ihrer Welt der Primärfarben und schlichten Typisierung auf - gar nicht mein Ding! Andererseits: gerade das machet der Film zum Thema: einer der zentralen Schlümpfe fragt sich nämlich - und das singend - was ist meine spezifische Eigenschaft? Was macht mich zum xy-Schlumpf?! Die Gesangseinlagen sind übrigens erfreulich wenige und auch gut gesungen, hier ragt's nicht ins Peinliche. Während dann das Abenteuer in fremden Welten gegen das Böse in Form der beiden kidnappenden Zauberer bestanden wird, hat der Film optisch viel zu bieten. Hier gibt es in Farbe und Licht überraschend schöne Tableaus, einen Mix aus Real live Action&Animation und etliche witzige andere Spielereien. Ebenso überraschend kommt der klassisch orchestrale Score, der sich wirklich hören lassen kann und so suggestiv wie effektiv mitspielt. Wie der Kampf Gut gegen Böse ausgeht, und welche personellen Sprengsel dieses (teils von der deutschen Synchron-Elite gesprochene) Abenteuer noch aufzubieten hat, wird natürlich nicht verraten.
Wichtigste Beobachtung: Der Saal war bei der Pressevorführung rappelvoll mit Kindern, und die sind voll mitgegangen und waren offensichtlich fasziniert. Das, meine ich, ist die Hauptsache.
Frage an die fürs Synchronbuch Verantwortlichen: warum wird alle Nase lang "genau" und "keine Ahnung" gesagt? Leider geht diese Einfallslosigkeit inzwischen merklich in unseren alltäglichen Sprachgebrauch über...
31. Juli
ECCE HOMO -
DER VERLORENE CARAVAGGIO
OT: The Sleeper
Dokumentarfilm | Spanien, Italien 2025
R.: Álvaro Longoria | B.: Álvaro Longoria,
Ricardo Fernández Deu
Verleih: Arsenal | 78 Min.
Im Wohnzimmer einer Madrider Familie hängt seit langer Zeit ein Gemälde, über das sich niemand Gedanken macht, bis es während eines Umzugs Aufsehen erregt. Denn es könnte sich um einen so genannten Schläfer handeln, ein Kunstwerk von unschätzbarem Wert - in diesem Fall Ecce Homo von Caravaggio (1571-1610) -, das lange unerkannt blieb.
Diese Dokumentation begleitet einen dreijährigen Prozess, währenddem die Sachverständigen, Kunstkritiker, Restaurateure, die Presse und allen zuvorderst die Händler den nervösen Prozess der Verifizierung, Optimierung, Weiter- und Freigabe des Objekts durchlaufen, einen diplomatisch heiklen Balanceakt, in dem Feingefühl, Diskretion und vor allem das optimale Timing gefragt sind, will sich doch keiner der Beteiligten selbst für immer diskreditieren. Immerhin findet sich ein solcher Schläfer für manche - womöglich - nur einmal im Leben!
Für Kunstinteressierte mag diese Doku einen guten Einblick in die komplexen Prozesse hinter dem bloßen Museumsbesuch bereithalten. Aber eine Dokumentation ist ja immer auch ein filmisches Dokument mit eigener - filmischer - Sprache. Damit bin ich in diesem Fall nicht sehr zufrieden, allzu rudimentär kommen Schnitt und musikalische Untermalung daher, kaum entspricht die filmische Sprache dem Sujet.
Am nächsten kommen wir m.E. - und das ist bedrückend - der Gier nach Renommee und Kohle, fast ausschließlich seitens der Herren der Schöpfung. Das sage ich so deutlich, weil mir die Erinnerung an die vergleichbare Doku THE LOST LEONARDO (2021) so lebendig in Erinnerung geblieben ist, in der jeder einzelne Aspekt eines solchen Kunsthandelspektakels cinéastisch packend, eindringlich und beseelt, ja Ehrfurcht gebietend beleuchtet wird.
Dies vorliegende Beispiel kann man im Kino getrost verpassen und sich bei Gelegenheit zuhause einverleiben.
cnm





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