BIS WIR TOT SIND ODER FREI

Definiere: Freiheit
BIS WIR TOT SIND ODER FREI
Filmstart: 31.03.2022 | FSK 16
Marie Leuenberger | © Philippe Antonello / Port au Prince Pictures



Schweiz, Deutschland 2020
Genre: Drama, nach wahren Begebenheiten
Länge: rund 120 Min.
Regie: Oliver Rihs
Buch: Dave Tucker
Darstellende: Marie Leuenberger, Joel Basman, Jella Haase, Anatole Taubman, Bigiana Beglau, Pascal ulli, Philippe Graber, Beat Marti, Martina Schöne-Radunski, Milton Welsh
Kamera: Felix von Muralt
Schnitt: Andreas Radtke
Musik: Beat Solèr

„Wir werden alles  ändern. Alles.“ Es sind die frühen 1980er-Jahre in der Schweiz – Rebellion liegt

in der Luft. Die engagierte Anwältin Barbara Hug will das rückständige Justizsystem von Grund auf umkrempeln. Sie vertritt Linksautonome wie die rebellische Heike und nutzt das Gericht als ihre Bühne. Eines Tages sucht der Industriellen-Sohn und Berufskriminelle Walter Stürm, gerade mal wieder aus dem Gefängnis geflohen (nomen est omen!), ihren Rat. Der charismatische Stürm widerspricht allen denkbaren Regeln, lebt bedingungslosen Egoismus und gerät dabei immer wieder mit dem System aneinander. Nicht nur Heike verfällt seinem jungenhaften Charme, auch Barbara fühlt sich zu ihrem Mandanten hingezogen. Als der Ausbrecherkönig erneut im Knast landet, kommt er in Isolationshaft. Und ausgerechnet Stürm,

der keiner Ideologie anhängt, wird in linken Kreisen zum Symbol für Freiheit und die Würde des

Einzelnen – und zum Objekt der Begierde zweier ungleicher Frauen. (aus der Presse-info)


Diesen Film gilt es zu entdecken in seiner Komplexität und seiner Lebendigkeit. Schon formal reißt er einen mit: die Kamera arbeitet immer hochkreativ auf den Punkt (oftmals Handkamera, geschickt eingesetzte Unschärfen, immer der richtige Ausschnitt), die Ausstattung ist verdammt glaubwürdig, der Schnitt könnte eleganter nicht sein, zieht uns in die Geschichte. Der verzweifelte Kampf der links-autonomen Szene um eine neues Verständnis von Freiheit führt zu Fragen, die nicht so leicht zu beantworten sind, bis heute nicht.
Brillant getragen von Leuenberger, Basman und Haase, die alle irgendwie aneinander kleben, ohne zueinander zu passen, beißen und quälen uns die Fragen: was ist Freiheit in ihrem Kern? Wann sind wir eigentlich wirklich frei? Die Figur Stürm scheint beispielsweise eine regelrechte Sehnsucht nach dem Knast zu entwickeln, kaum dass er freigekommen oder ausgebrochen ist! Die Anwältin ist Dialysepatientin, geht an Krücken und brennt dabei vor Lebenshunger, vor Sehnsucht, etwas zu bewirken.

Wir erkennen: der Mensch kann gar nicht unpolitisch sein; das Menschliche spielt immer ins Politische, und umgekehrt sowieso. Vielleicht ist Freiheit der Umstand, dass du dich für deine eigene Definition davon entscheiden kannst. Dieser Film ist eine mehr als sehenswerte Ausnahmearbeit.

Dringende Empfehlung!

cnm

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