RIFKIN'S FESTIVAL

Wie das Leben so spielt
RIFKIN'S FESTIVAL ½☆☆
Filmstart: 07.07.2022 | FSK t.b.a.
Wallace Shawn, Gina Gershon  | ⓒ 2020 The Media Pro Studio, Gravier Productions, Inc, and Wildside S.L.R.




USA, Spanien, Italien 2020
Genre: Woody Allen, Dramödie, Romanze
Länge: rund 90 Min.
Regie: Woody Allen
Buch: Woody Allen
Cast: Elena Anaya, Louis Garrel, Gina Gershon, Sergi López, Wallace Shawn, Christoph Waltz, Tammy Blanchard, Steve Guttenberg, Richard Kind u.a.
Kamera: Vittorio Storaro AIC, ASC
Schnitt: Alisa Lepselter ACE
Musik: Stephane Wrembel

Während der cinephile Mort Rifkin seine Ehefrau Sue aufs Filmfest im spanischen San Sebastian begleitet - sie ihrerseits begleitet als Agentin einen aufstrebenden Regisseur - erlebt er seinen ganz eigenen Film, und zwar im Wortsinn. Während sie ihren Aufgaben nachgehen muss und unübersehbar eine Leidenschaft für ihren Klienten entwickelt, fühlt er sich mehr und mehr abgestellt und flüchtet sich tagträumerisch in Szenen, die seinen geliebten Klassikern von Welles, Godard, Buñuel, Fellini & Co entspringen. Im echten Leben widerfährt auch ihm neues Glück in der Person einer Ärztin, die dem armen Hypochonder allein durch ihre Art und Anwesenheit überaus gut tut.

Nach Sichtung dieses Films bin ich - gerade als entschiedener Verehrer der frühen Werke von Allen - ausgesprochen ratlos und ringe nach Worten. Zu Beginn blitzen momentweise Anflüge von Genie und für Allen typischen Witz, ein liebevoll spöttischer Blick aufs Filmgeschäft auf, vor allem dann, wenn Komparsen - quasi am Bildrand - Absurditäten von sich geben ("Waren denn all Ihre Orgasmen in dem Film Spezialeffekte?"). Doch sobald sich die Handlung konkreter zusammenspinnt, erkennen wir die alten Muster des Meisters: Dinosaurier sind selbstverständlich mit exotisch schönen Mittvierzigerinnen liiert oder haben mit ihnen Affären. Als wäre nichts selbstverständlicher als das! Konfliktpotenzial ergibt sich altbewährt aus einem behaupteten intellektuellen Gefälle zwischen den rivalisierenden Figuren - während sich die Intellektualität der Hauptfigur weitestgehend in einer müden Schwärmerei für alte, meist europäische Regisseure zeigt, wie ein gebetsartig heruntergespulter Katalog bekannter Namen.

Gerade ein solcher Film sollte doch eigentlich eine Liebeserklärung ans Filmische sein. Aber weit gefehlt! Die immer gleiche Allen-typische Jazzmusik spielt erbarmungslos, der Schnitt ist seltsam unbeholfen (seltsam unmotivierte Blenden! Wo war Susan E. Morse, die Haus- und Hof-Cutterin seiner bisherigen Filme?!) und die Kamera - ich wage kaum, es zu sagen - nicht aus einem Guss, zuweilen sogar laienhaft banal. Dass auf irreal traumhafter Ebene Filmklassiker (vor allem formal) herbei zitiert werden, in dem der Cast aus diesem Film die Rollen übernimmt, ist ein nettes Schmankerl, viel mehr aber auch nicht.

Was könnte ich Gutes sagen? Woody Allen arbeitet noch, sein Talent funkelt blass, aber es funkelt! Und vielleicht sollte man die Hoffnung nie aufgeben, dass er nochmal einen Coup landet. Nach seinen eigenen Aussagen hat der Mann gute Gene, und mit seinen 86 Jahren noch viel Zeit für bessere Filme als diesen.

cnm 

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