DON'T WORRY ABOUT INDIA

DON'T WORRY ABOUT INDIA ★★★★☆☆
Filmstart: 06.06.2024 | FSK -
Sehr idyllisch zeigt sich das Kastensystem | © Nama Filmcollective



Deutschland, Schweiz, Indien 2022
Genre: Dokumentarfilm
Länge: 95 Min.
Regie: Nama Filmcollective
Buch: Nama Filmcollective
Kamera: Nama Filmcollective
Schnitt: Pola König
Musik: Michael Sauter

Ein Filmemacher kehrt 2019 mit gemischten Gefühlen in seine Heimat zurück: Während der rechtsnationale Premierminister Narendra Modi mit seiner Wiederwahl das Land spaltet, scheinen sich auch in der Familie des Filmemachers tiefe Gräben aufzutun. Der Regisseur richtet seine Kamera auf die eigenen Eltern und – vor allem – auf die Angestellten der Familie. Gibt es in der grössten Demokratie der Welt soziale Gerechtigkeit? Und wo wäre diese zu finden, wenn nicht im eigenen Haus?

Mit trockenem Humor und einem Blick fürs Absurde versucht der Regisseur, das rechtsnationale Indien von heute zu verstehen und kollektive mit persönlicher Geschichte zu verbinden. In einem Roadtrip quer durchs Land geht er der Geschichte und Befindlichkeit seiner Familie nach und zeichnet dabei ein vielschichtiges Portrait seines Heimatlands und der vermeintlichen Demokratie im 21. Jahrhundert.

Die Ironie dieses leise subversiven Dokumentarfilms liegt in seiner scheinbaren Beiläufig- und Beschaulichkeit. Völlig uneitel zeigt sich der Dokumentarist, den wir lediglich aus dem Off kommentieren, erzählen und fragen hören, praktisch den gesamten Film über nicht. Es ist sein Blick ins Land, in die Augen der Menschen, mit denen er spricht, der ihn und uns interessiert. Über diesen lernen wir ein lethargisches Land kennen, in dem Sprüche von Freiheit und Demokratie (womit man ja spontan Gleichheit assoziieren möchte) nichts als Lippenbekenntnisse sind. Vor allem seitens des politischen Establishments. Die Wahrheit ist, dass sich das Gros der hart arbeitenden Bevölkerung mit dem Status Quo, mit Korruption und einem eingespielten Kastensystem (in dem beispielsweise die Mutter des Dokumentaristen hinter der Putzkraft herläuft und mit dem Finger auf die Stellen zeigt, die noch nicht sauber sind) längst abgefunden hat - und am Wahlkampf oder dessen Ausgang kaum noch Interesse zeigt.

Dank eines bewusst bedächtigen Schnittrhythmus' wird uns gegönnt, wirklich in die Bilder und ihre jeweilige Stimmung einzutauchen. Dadurch wirkt dieses bescheidene (besser: demütige) filmische Dossier beschaulich-melancholisch. Harmlos ist es indes nicht. Das Nama Filmcollective hat hier eine ausgesprochen liebens- und sehenswerte Bestandsaufnahme gezaubert über ein Land, das sich nur oberflächlich betrachtet von den anderen Ländern der Welt unterscheidet. - Immerhin gibt es gegen Ende einen erfreulichen Hoffnungsschimmer...

Klug, liebens- und sehenswert, mit süffisanter Subversion durchtränkt, lohnt sich diese Doku - wenn nicht im Kino, dann hoffentlich bald im TV oder Stream.

cnm 

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