NIEMALS ALLEIN, IMMER ZUSAMMEN

NIEMALS ALLEIN, IMMER ZUSAMMEN ★★☆☆☆☆
Filmstart: 13.06.2024 | FSK 12
(Namen und infos unter meiner review) © Neue Visionen



Deutschland 2024

Genre: Dokumentarfilm
Länge: 90 Min.
Regie: Joana Georgi
Kamera: Loup Deflandre
Schnitt: Barbara Ophoff

Für ihren Dokumentarfilm Niemals Allein, Immer Zusammen begleitet die Filmemacherin Joana Georgi fünf Berliner Aktivist*innen ein Jahr durch ihren Alltag. Quang, Patricia, Simin, Zaza und Feline sind jung, idealistisch und organisiert. Sie engagieren sich bei „Fridays for Future“, „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“, kämpfen in der Berliner Krankenhausbewegung für bessere Care-Arbeit und setzen sich für die Aufarbeitung rassistisch motivierter Gewalt ein. Sie kümmern sich um die Community, machen politische Kunst und mischen Social Media auf. Mittels Instagram, TikTok und YouTube sind sie global vernetzt und bringen ihre Ideen in die Smartphones und die Herzen ihrer AltersgenossInnen. In einer zunehmend gespaltenen und polarisierten Welt zeigen sie Wege aus der politischen Lethargie und repräsentieren eine neue Generation, die ihre Stimme erhebt, um befreit von Denkverboten und dogmatischen Altlasten für eine gerechtere Zukunft einzustehen. (Pressetext)

In mir meldeten sich während dieses Films zwei gegensätzliche Stimmen: zunächst ist es immer gut, laut zu werden, sich gegen Ungerechtigkeiten zu stemmen, gemeinschaftlich auf Missstände hinzuweisen und andere Menschen aufzuwecken, zu motivieren, sich zu widersetzen. Andererseits wurde mir seltsam zumute, als eine der Gefilmten mit ihrer Tochter kleine Küchlein bäckt, sie minutiös mit den Gesichtern von Gewaltopfern verziert, diese - mit einem feinen Lichtring ausgestattet - bildschirmtauglich fotografiert, um die Bilder hernach ins Netz zu stellen um ein politisches Zeichen zu setzen. Mein Gedanke: in der geschützten Wohlfühlblase lässt sich leicht "aufmüpfig" sein.

Auch fragte ich mich, welcher Wert Worten beigemessen wird, wenn sie - wie in dieser Doku - nicht selten ausgeblendet werden, also im Schneideraum behandelt werden wie Geräusche!! Auch angesichts dieses Details beschlich mich der Verdacht: die fünf Porträtierten gefallen sich in einer Pose, der Film ist Pose. Und mir ist klar, dass das höchst ungerecht ist, da ich einem ganz anderen Jahrgang angehöre. Doch der Austausch mit Älteren fällt auch hier weitgehend marginal aus.

Mein Statement hierzu: weitläufiges Engagement ist elementar und existenziell wichtig, geht es doch darum, dass (vor allem junge) Menschen heute und übermorgen leben können sollten, wie immer sie wollen. Allerdings finge (hier spricht ein Berliner) ein Wandel zum Besseren für mich da an, wo die Menschen in den Bussen, S- und U-Bahnen wieder einmal von ihren smartphones aufblicken würden um herauszufinden, ob für eine alte oder gebrechliche Person Platz zu machen sei - Also im Hier und Jetzt, mit einem wachen, bodenständigen und nicht egozentrierten Blick jenseits der eigenen Blase.

Achtenswerte Doku über junge BerlinerInnen, die sich gesellschaftspolitisch engagieren, deren größeres Manko es jedoch ist, sich allzu sehr auf die Eigendrehung der Gezeigten einzulassen, Gesagtes durch Wegblenden zu marginalisieren und kaum je kritisch zu hinterfragen.

cnm 


Quang Paasch

Quang ist alles, was man der Generation Z zuschreibt: politisch engagiert und in den sozialen Medien genauso ver- netzt wie auf der Straße. Aufgewachsen ist er in Ost-Berlin in der Post-Wende Zeit. Als Person of Color, als Sozialist mit ostdeutschem Familienhintergrund, dessen Vater Vertragsarbeiter war, hat er in der Klimabewegung eine Nischenposition, auf deren Sichtweise er mit einer Talkshowreihe Aufmerksamkeit lenkt.

Simin Jawabreh

Simin ist Kommunistin, Influencerin und Politikwissenschaftlerin. Sie engagiert sich in der antirassistischen Bewegung u.a. für die Abschaffung der Polizei und setzt sich für die Belange der Arbeiter*innenklasse ein. Im Film beleuchtet sie, wie ihre eigene Familiengeschichte mit aktuellen sozialen Kämpfen verwoben ist und findet im schnellen Leben Berlins immer wieder klare Worte für eine bessere Welt.

Patricia Machmutoff

Seit 2020 ist Patricia gegen die prekäre Wohnungssituation in Deutschland organisiert und geht dagegen auf die Straße. Auch in ihrem Büro ist die prekäre Wohnungssituation im- mer ein Thema – mit Ferat Koçak, ihrem Arbeitskollegen,redet sie daher oft über Gentrifizierung in Neukölln und dreht mit einer weiteren Kollegin und einer Freundin eine TikTok-Video-Reihe, um Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken.


Feline

Feline backt Kuchen für Menschen, die sich keine leisten können. Sie war lange alleinerziehende Mutter und hat sich darüber politisiert. Ihrer Tochter will sie daher von klein auf vermitteln, was es heißt, in dieser Gesellschaft zu leben. Gemeinsam backen Feline und ihre Tochter eine Torte und sprechen über Rassismus, Gedenken und politisches Engagement.

Zaza

Mit 19 Jahren ist Zaza der jüngste der Protagonist*innen und arbeitet als Auszubildender bei einem Krankenhausunternehmen. Pfleger zu werden ist sein Traum, aber er hat Angst, denn er erlebt die schlechten Arbeitsbedingungen täglich selbst und stößt damit regelmäßig an seine Grenzen. Gemeinsam mit seinem Freund Joshua, der ebenfalls in der Pflege arbeitet, beteiligt er sich an einem anstehenden Arbeitsstreik. Dafür planen sie Aktionen mit anderen Aus- zubildenden.


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