BALDIGA - ENTSICHERTES HERZ

BALDIGA - ENTSICHERTES HERZ ★★★★★★
Start: 28.11.2024 | FSK 16
Jürgen Baldiga | © Salzgeber



Deutschland 2024

Genre: Doku, LGBTQ
Länge: 92 Min.
Regie: Markus Stein
Buch: Ringo Rösener
Mit: Bernd Gaiser, Juliette Brinkmann, Birgit Baldiga, Tima die Göttliche, Ichgola Androgyn, Kaspar Kamäleon, Keikawus Arastéh, Volker Wierz, Manuela Merkel, Sakine Meral, Hermann Jansen, Ulf Reimer, Ingo Taubhorn
Sprecher: Maurice Läbe
Cast: Franziskus Claus, Jannis Veihelmann, Raphael Kaballo, Leonie Becker, Thomas Braungardt, Teilzeitprinzessin Linette, Stefan Wiedner, Lennart Stein
Kamera: Florian Lampersberger
Schnitt: Brigitte Maria Schmidle BFS
Komposition: Claus Stoerner, Manuela Schininà

Jürgen Baldiga, Sohn eines Essener Bergmanns, zieht zehn Jahre vor dem Mauerfall nach West-Berlin. Um atmen zu können: Essen war zu klein für ihn, er will offen schwul leben und sich frei entfalten, Künstler sein zu können. In Berlin ist das endlich möglich. Er arbeitet als Koch, als Stricher, schreibt Tagebuch und Gedichte. 1984 infiziert er sich mit HIV; das Virus ist neu, unbekannt und ein Monster. In der Auflehnung gegen das ungeschriebene Gebot, sich in eine dunkle Ecke zu verkriechen, wählt Baldiga die Fotografie als Zeichen seines Ausdrucks. Seine Bilder zeigen das pure Leben, sein Leben, sein Umfeld: Lover, Tunten, Sexualität. Die Schwuz-Tunten - wie sie sich selbst nennen - werden seine neue Wahlfamilie. In dieser Zeit entstehen legendäre Fotografien für die Ewigkeit, von Persönlichkeiten, von einem selbstbewussten und selbstbestimmten Lebensstil. Als er 1993 im Alter von 34 Jahren stirbt, hinterlässt er tausende von Fotografien und 40 Tagebücher - ein imposantes künstlerisches Vermächtnis.

Aus diesem Nachlass ist ein Film entstanden, der Jürgen Baldiga lebendig werden lässt. Man hat wirklich das Gefühl, ihn aus nächster Nähe zu erleben mit all seinen Widersprüchen, seiner explosiven, ungefilterten Art zu sein, seinen Zweifeln bzw. seiner Verzweiflung und kreativem Delirium. Baldiga war nicht nur fantastischer Künstler, sondern auch Aids-Aktivist und engagierter Kämpfer gegen die Stigmatisierung offen schwulen Lebens. Wegbegleiter aus der Tuntenszene, Familie, auch ein später Lover kommen hier zu Wort und beschreiben damit nicht nur den Künstler, sondern auch ein schmales Zeitfenster, in dem Berlin auf eine unwiederholbare Art "gebrannt" hat.

Mag sein, dass es nicht nur mir so ging; dass Sie, sollten Sie diese Doku anschauen, auch innerlich anfangen zu brennen, vor Schmerz und vor Zuneigung. Ich könnte mir vorstellen, dass Jürgen Baldiga das gefallen hätte.

cnm 


Jürgen Baldiga

Selbstdarstellung (1992)

1959 als strammer Achtpfünder das Licht der Welt erblickt
Sohn eines Bergmanns

Seit 1979 in Berlin — Broterwerb als Koch / Barkeeper / Geliebter / Prostituierte / Gelegenheitsarbeiter

Seit 1980 die ersten Gehversuche in Richtung der schönen Künste Lyrik / Musik / Film / Performance

1984 lustvoller Erwerb einer Immunschwäche

Seit 1985 Autodidakt in der Kunst der Fotografie

Seit 1989 vollends im Bilde oder besser: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.

Bücher:

  • 1980

    „Breitseite: Gedichte und Fotocollagen“ (Verlag Maldoror FlugSchriften Berlin)

  • 1986

    „Bambule. Photoporträts“ (Vis-a-Vis Berlin)

  • 1987

    „Jünglinge. Photographien“ (Vis-a-Vis Berlin)

  • 1988

    „Tunten/Queens/Tantes. Ein Männerfotobuch“ (Vis-a-Vis Berlin)

  • 1992

    „Etwas besseres als den Tod finden wir allemal“ (Edition Dia Verlag Berlin)

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